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den einzigen Otto von Nordheim gefangen, ließ sie in verschiedenen
Gegenden Deutschlands in Schlösser einsperren und ihrer Güter
berauben. Durch ein so treuloses Verfahren reizte er den Un¬
willen und Zorn der Sachsen auf das höchste. Da sie selbst
sich nicht mehr zu helfen wußten, so wandten sie sich mit ihren
Klagen an den Papst, den Vater der ganzen Christenheit, der
eben damals mit Heinrich in größter Spannung lebte, weil an
dessen Hofe geistliche Würden und Pfründen, ungeachtet aller
Warnung, für Geld vergeben wurden.
34. Der Papist Gregor VII.
Um diese Zeit saß Gregor VII., früher Hildebrand
genannt, auf dem päpstlichen Stwhle. Er war der Sohn eines
Zimmermannes zu Savona in Italien. Er hatte sich dem geist¬
lichen Stande gewidmet und schon in dem Kloster zu Clügny
durch strenge Sitten, hohe Gelehrsamkeit und tiefe Einsicht in
die Angelegenheiten der Kirche vor Allen so ausgezeichnet, daß er
bald aus dem Kloster nach Rom an den päpstlichen Hof be¬
rufen wurde. Hier lenkte er mit großer Umsicht und eiserner
Festigkeit zwanzig Jahre hindurch alle Schritte der Päpste. Dann
ward er selbst, fast wider seinen Willen, zum Papste gewählt
und von Heinrich IV. bestätigt.
Gregor wollte aber nicht das Oberhaupt einer verdorbenen
Kirche sein. Mit tiefer Betrübniß sah er die mannigfaltigen
Unordnungen und Gebrechen seiner Zeit, von denen sich auch
die Diener der Kirche hatten fortreißen lassen. Die Fürsten,
statt jenen Unordnungen und Gebrechen zu steuern und das
Glück des Friedens unter ihren Völkern dauerhaft zu begründen,
lagen in ewigem Streite mit einander und vermehrten noch das
Unheil. In dieser Zeit allgemeiner Verwirrung erhob sich der
neue Papst Gregor VII., um jetzt von seinem Einflüsse Ge¬
brauch zu machen, den er als Vater der ganzen Christenheit bei
allen Völkern hatte. Nunmehr wollte er selbst, als Stellver¬
treter Christi aus Erden, die Oberaufsicht über alle Könige und