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Auch der Papst Urban blieb nicht unthätig. Er berief im
Jahre 1095 eine Kirchenversammlnng nach- Pia een za in
Obcritalien. Ueber dreißigtansend Menschen fanden sich bei der¬
selben ein. Kein Gebäude vermochte die Menge zu fassen. Die
Versammlung mußte auf freiem Felde gehalten werden. Bei
derselben erschien auch ein Gesandter des griechischen Kaisers,
der ein in kläglichen Ausdrücken abgefaßtes Schreiben feines
Herrn überreichte. Alle wurden zu Thränen gerührt von den
Drangsalen der Christen im heiligen Lande; Alle gaben ihren
Beifall zu einem Kriegcszuge gegen die ungläubigen Barbaren.
Einige Monate darauf hielt der Papst eine zweite Versammlung
zu Clermont in Frankreich. Die ganze weite Ebene war mit
Menschen angefüllt. In der Mitte erhob sich ein Gerüst, auf
welchem der Thron für den Papst stand. Zuerst trat Peter ans
und schilderte der stilllauschenden Menge mit den ergreifendsten
Worten das Elend der Christen im heiligen Lande, so daß ein
Schauder die ganze Versammlung ergriff. Helle Thränen leuch¬
teten in Aller Augen; bald unterbrach das Schluchzen der ge¬
rührten Menge die feierliche Stille. Da erhob sich der Papst
und sprach: „Ich will sie nicht trocknen, die Thränen, welche
diese schrecklichen Bilder in unsere Augen locken. Lasset uns
weinen, meine Brüder! Lasset euren Wehklagen freien Lauf! Aber
wehe uns, wenn wir nichts, als diese Thränen hätten; wenn
wir noch länger das Erbe des Herrn in den Händen der Ruch¬
losen ließen! Jenes Land, das wir mit Recht das heilige nen¬
nen; jener Hügel, wo er für unsere Sünden blutete; jenes
Grab, aus welchem er als Sieger des Todes erstand; jener
Berg deS Friedens, von dem er hinauf gen Himmel fuhr; jene
heiligen Mauern, welche die Versammlung der Apostel in sich
geschlossen, und deren Bezirk das kostbare Blut der seligen Mär¬
tyrer getrunken; — sollen ivir als Feige und Verworfene sie
noch länger der Barbarei, der Ruchlosigkeit und der Uneinigkeit
zum Raube lassen? Von Jerusalem ging das Wort des Herrn
aus. Aus denn, wider den Feind des christlichen Namens wen¬
det die Schwerter, welche ihr ohne Aufhören gegen einander