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Der Reiter waren nur wenige, aber alle schwer gerüstet. Sie
trugen Helme und Panzer, ihre Waffen waren Lanzen und furcht¬
bare Schwerter. Wegen des Aufwandes, den eine solche Rüstung
erforderte, konnten nur die Reichen und Vornehmen zu Pferde
dienen. Darum gab der Reiterdienst eine Art von-Ansehen und
Adel, und immer strenger suchten sich die Reiter von den unteren
Ständen, welchen bald allein der Dienst zu Fuße überlassen
blieb, abzusondern. Um einen solchen Vorzug zu behaupten und
immer mehr hervorzuheben, war das ganze Leben des Adels
kriegerisch von Jugend aus. Körperliche Kraft und Gewandtheit
ging ihm über Alles; um höhere Ausbildung des Geistes küm¬
merte er sich wenig. Mancher Adelige konnte nicht einmal seinen
Namen schreiben. Dagegen lernte er von Jugend auf ein wildes
Roß tummeln und Lanze und Schwert mit Gewandtheit führen.
Wegen der immerwährenden Uebung mußte er wohl der ausge¬
zeichnetste Krieger werden. Denn zu einer Zeit, wo das Pulver
noch nicht, erfunden war, konnte nur körperliche Kraft und Ge¬
wandtheit die Schlacht entscheiden. Und wie hätte sich in der
Schlacht der leichte Fußgänger mit dem geübten Reiter messen
können, der, vom Kopf bis zu den Füßen mit Eisen bedeckt,
jeder feindlichen Waffe sicher Trotz bieten konnte! So machten
in den damaligen Zeiten die Adeligen die vornehmsten Krieger-
aus; nach ihrer Anzahl wurde fast einzig die Stärke des Hee¬
res bestimmt. Von ihrem Neiterdienste bekamen sie den Namen
Ritter.
Mit der Zeit bildeten die Ritter einen besonderen Stand.
Religion, Ehre, Tapferkeit und Hochachtung gegen das weibliche
Geschlecht waren die vier Haupttugenden der Mitglieder. Die
Aufnahme in diesen Stand erforderte eine vieljährige Vorberei¬
tung und war mit großen kirchlichen Feierlichkeiten verbunden.
Schon im siebenten Jahre ward der Knabe von edeler Herkunft
in das Schloß eines anderen Ritters gebracht. Hier lernte er
als Bube oder Page im Dienste seines Herrn und im ehr¬
furchtsvollen Umgänge mit Edelfrauen die Ansangsgründe der