Full text: Geschichte des Mittelalters (Theil 2)

18 
6. Kaiser Justinian (527—565). 
Um die Zeit der ostgothischcn Unruhen nach Thcodorich's 
Tode herrschte in Constantinopcl Kaiser Justinian, unter wel¬ 
chem das griechische Reich einen ungewöhnlichen Glanz erhielt. 
Er selbst zeichnete sich nicht durch große Eigenschaften aus; jedoch 
besaß er die einem Herrscher nöthige Klugheit, sich mit den 
fähigsten Männern seines Reiches zu umgeben, deren Verdienste 
auf ihn zurückstralten. Dazu begleitete das Glück fast alle seine 
Schritte. Seine kluge und entschlossene Frau Thodora, die 
früher Schauspielerin und in Hinsicht ihrer Sitten übel berüchtigt 
gewesen war, wußte sich eine unumschränkte Herrschaft über ihn 
zu verschaffen und thätig zu seinem Ruhme mitzuwirken. 
Unter seiner Regierung brach zu Constantinopel ein furcht¬ 
barer Bürgerkrieg aus. Im Circus oder in der Rennbahn, in 
welcher zur Belustigung des Volkes Fechterspiele gehalten wurden, 
hatten sich schon seit längerer Zeit zwei Parteien unter den 
Kämpfern gebildet, die man nach der Farbe ihrer Kleidung die 
Blauen und Grünen nannte. Das Volk nahm Partei für 
die Banden der Kämpfer und bildete bald zwei gefährliche Par¬ 
teien des Staates, zumal da der Hof schwach genug war, sich 
selbst für die eine oder andere Partei zu erklären. Aufruhr und 
Mord füllten wiederholt die Straßen der Hauptstadt und legten 
ihre schönsten Gebäude in Asche. Justinian selbst schwebte in 
Lebensgefahr und wollte schon heimlich entfliehen, aber seine herz¬ 
hafte Frau hielt ihn zurück. Nur durch Ströme von Blut 
wurde endlich die Flamme des Bürgerkrieges gelöscht, und die 
Ruhe wieder hergestellt. 
Nun erst konnte der Kaiser ernstlich an auswärtige Ero¬ 
berungen denken. Zuerst schickte er seinen tapferen Feldherrn 
Belisar nach Nordafrika, um das vandalische Reich zu erobern. 
Hier hatte Ge lim er den rechtmäßigen König des Landes, mit 
Namen Hilperich, vom Throne gestoßen und in den Kerker 
geworfen, sich selbst aber die Regierung angemaßt. Und als 
Belisar in Afrika erschien, um den frechen Thronräuber zu be-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.