Mit dem Abstreifen der frischen grünen Blätter ist die Arbeit des
Teebanes nicht etwa beendet. Freilich erfordert der Teestrauch keine be¬
sondere Düngung oder Bearbeitung des Bodens; lehmiger und sandhaltiger
Boden, dazu Sonnenlicht und eine hinreichende Menge Regen ist alles,
was erforderlich ist. Aber dennoch hat der Teebaner den größten Teil
des Jahres mit seiner Pflanzung zu tun. Aus den Samenkörnern werden
zuerst Sprößlinge gezogen und diese, sobald sie einige Monate alt sind,
in die Pflanzungen selbst versetzt, wo sie in langen Reihen mit etwa
anderthalb Meter breiten Abstünden volleinanderstehen. Zwischen sie
werden noch allerhand Gemüse gepflanzt. Nach dem zweiten Jahre pflegt
man in manchen Gegenden — der Tee ist in dem ganzen Millioneli
Quadratkilometer umfassenden Stromgebiet des Jangtsekiang verbreitet —
die Blätter schon zu pflücken, doch ist die Pflanze erst im sechsten Jahre
ausgewachsen und liefert dann bis zu ihrem achtzehnten oder zwanzigsten
Jahre zwei bis vier Ernten jährlich. Läßt man die Stauden wachsen,
so erreichen sie drei bis fünf Meter Höhe; sie müssen also jährlich be¬
schnitten werden, um das Pflücken der Blätter zu erleichtern.
Dieses Pflücken kann nur an warmen, sonnigen Tagen erfolgen, und
deshalb beeilten sich die Mädchen und Kinder so sehr, als ich zwischen
ihnen durch die Pflanzungen wanderte. Wie mir mein Dolmetscher er¬
zählte, waren sie schon seit Morgengrauen an der Arbeit. Kaum gönnten
sie sich Zeit, um ihren gekochten Reis und ihre Gemüse zu verzehren;
dann arbeiteten sie sich wieder ihre kleinen Hündchen blutig und blickteil
mitunter ängstlich auf, um zu sehen, ob nicht Wolken im Anzuge wären,
deren Entladung ihre Ernte verderben würde. War ein Korb mit den
glänzenden, fleischigen Blättchen gefüllt, dann sprang wohl ein Mädchen
darauf und stampfte die Blätter mit ihren nackten Füßeil fester zusammen,
und konnte nichts mehr hineingepreßt werden, so wlirde rasch ein Bambus¬
stab durch die Handhabe gezogen, die Last auf die Schulter gehoben, und
fort ging's in raschem Getrippel hinab zum Farmhause.
Unten in den verstreuten Höfen und kleinen Dörfchen sind Männer
und Frauen mit der Zubereitung der Teeblätter beschäftigt, und bricht
die Dämmerung an, dann eilt alles ans den Pflanzungen hinab, um bis
Mitternacht die Pflanzen zu dörren. Ein paar Stunden Schlaf nur ist
den jungen Arbeiterinnen gegönnt; dann springen sie wieder zurück in die
Pflanzung, unb das Tagewerk beginnt von neuem. Ihre einzigen Werk¬
zeuge sind ihre Hände und Füße. Sobald ein Korb Blätter in die Farm¬
häuser gelangt, so machen sich Frauen und Kinder darüber her, um ge¬
schickt die alten und gelben Blätter daraus zu entfernen, die guten Blätter
aber auf luftige Bambusgeflechte zu werfen, wo sie bald welken und weich
werden, so daß sie mit der flachen Hand leicht zu rollen sind. Lange
dauert diese Arbeit, bis sich endlich in den Blättern rötliche Flecke zeigen.
Dieses Rollen der Blätter heißt im Chinesischen knng-fu, woraus die