45
konnte zum Cónsul gewählt werden. Nach langem Kampfe
mußten aber doch die Patricier zugeben, daß immer e i n Cón¬
sul aus den Plebejern gewählt ward. Die beiden Tribunen
Licinius Stolo und LuciusSextius waren es, welche
den Plebejern dieses Recht erwarben. Die Veranlassung wird
in folgender Weise erzählt.
Der vornehme Patricier Fabius Ambustus hatte zwei
Töchter, von denen die eine mit einem Patricier, die andere
mit dem Plebejer Licinius Stolo vermählt war. Einst be¬
suchte die Frau des Tribunen Licinius ihre Schwester, die an
den patricischcn Kriegstribunen verheirathet war, als sie plötz¬
lich über den Lärm erschrocken zusammenfuhr, den die Lictoren
des heimkehrenden Kriegstribunen an der Thür verursachten.
Sie ward von ihrer Schwester über diese Furcht verlacht,
welche den niedrigen Stand verriethe, wohin sie ihre Hand
vergeben habe. Der Gram über diese von der Schwester er¬
littene Beleidigung verzehrte sie dergestalt, daß ihr Mann und
selbst der Vater ihr versprechen mußten, Alles aufzubieten, daß
ihrem Hause und Stande gleiche Ehre zu Theil werde.
Nun trat Licinius mit dem Anträge auf, daß der eine der
beiden Consuln immer aus den Plebejern gewählt werden solle.
Diesen Vorschlag bekämpften die Patricier aus allen Kräften
und bestachen von den zehn Tribunen die acht übrigen, damit
diese durch ihre Einsprache den ganzen Antrag vereiteln sollten.
Aber Licinius und Sextius hielten fest zusammen und hinderten
ihrerseits durch ihre Einsprache die Wahl aller höheren Obrig¬
keiten fünf Fahre hindurch, da sie vom Volk immer wieder
von Neuem zu Tribunen gewählt wurden. Mit der Zeit wurde
jedoch der Widerstand der Patricier schwächer, da es ihnen nicht
mehr gelang, die übrigen Tribunen durch Bestechungen für sich
zu gewinnen. Endlich, nach einem zehnjährigen Kampfe (376
bis 367 v. Chr.) wurde der Antrag zum Gesetz erhoben. Von
da an waren auch die Plebejer zum Consulate berechtigt, und
Lucius Sextius, der mit Licinius so beharrlich Stand gehalten
hatte, wurde der erste plebejische Cónsul.
Doch nicht blos dieses, sondern noch ein anderes Recht