Object: [Teil 2 = Oberstufe, [Schülerband]] (Teil 2 = Oberstufe, [Schülerband])

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333. Zwei Rätsel. 
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Es steht ein groß geräumig Haus 
auf unsichtbaren Säulen; 
es mißt's und geht's kein Wandrer aus, 
und keiner darf drin weilen. 
I. 
Nach einem unbegriffnen Plan 
ist es mit Kunst gezimmert; 
es steckt sich selbst die Lampe an, 
die es mit Pracht durchschimmert. 
Es hat ein Dach, krystallenrein, 
von einem einz'gen Edelstein; 
doch noch kein Auge schaute 
den Meister, der es baute. 
II. 
Aus einer großen Weide gehen 
viel tausend Schafe silberweiß; 
wie wir sie heute wandeln sehen, 
sah sie der allerältste Greis. 
Sie altern nie und trinken Leben 
aus einem unerschöpften Born, 
ein Hirt ist ihnen zugegeben 
mit schön gebognem Silberhorn. 
Er treibt sie aus zu goldncn Thoren^ 
er überzählt sie jede Nacht 
und hat der Lämmer keins verloren, 
so oft er auch den Weg vollbracht. 
Ein treuer Hund hilft sie ihm leiten^ 
ein muntrer Widder geht voran. 
Die Herde, kannst du sie mir deuten? 
Und auch den Hirten zeig mir an! 
Friedr. von Schiller. 
334. Der südliche Sternenhimmel. 
Seit wir in die heiße Zone eingetreten waren, konnten wir jede Nacht 
die Schönheit des südlichen Himmels nicht genugsam bewundern, welcher in dem 
Maße, wie wir nach Süden vorrückten, neue Sternbilder vor unseren Augen 
entfaltete. Man hat ein wunderbar ergreifendes Gefühl, wenn man bei der 
Annäherung gegen den Erdgleicher und besonders beim Übergange von der einen 
Halbkugel auf die andere allmählich diejenigen Sterne niedriger stehen und zu¬ 
letzt verschwinden sieht, welche man von seiner ersten Kindheit an kennt. Nichts 
erinnert einen Reisenden lebhafter an die unermeßliche Entfernung von seinem 
Vaterland, als der Anblick eines neuen Himmels. Die Gruppierung der großen 
Sterne, einige zerstreute Nebelslerne, welche an Glanz mit der Milchstraße wett¬ 
eifern, und Räume, welche durch eine außerordentliche Schwärze ausgezeichnet 
sind, geben dem südlichen Himmel ein eigentümliches Aussehen. 
Ein besonders schönes und leuchtendes Sternbild am südlichen Sternen¬ 
himmel ist das Kreuz. Wir sahen es zum erstenmal in der Nacht vom vierten 
zum fünften Juli 1799 unter dem 16. Breitengrade. In dieser Nacht sah ich 
einen der Träume meiner ersten Jugend in Erfüllung gehen. Auch die Schiffs¬ 
mannschaft empfand bei der Entdeckung des Kreuzes des Südens lebhafte Freude. 
In der Einsamkeit der Meere grüßt man einen Stern wie einen Freund, vom
	        
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