Full text: Erzählungen aus der griechischen Geschichte (Theil 1)

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Darüber hatte Krösos noch größere Freude, denn er hoffte, 
ein Maulthier würde nimmer König werden über die Meder, 
und weder er noch seine Nachkommen würden das Königreich 
verlieren. 
Nun brach er auf und führte sein Heer über den Fluß 
Halys, Kyros aber sammelte seine Schaaren und zog ihm ent¬ 
gegen. Es kam zur Schlacht, von beiden Seiten sanken Viele, 
doch blieb der Sieg unentschieden. Krösos zog nach Sardes 
und entbot dahin seine Bundesgenossen für den nächsten Früh¬ 
ling. Kyros ließ ihm jedoch keine Zeit dazu, sondern zog auch 
nach Sardes. Obschon Krösos in große Angst und Noth gerieth, 
führte er doch die Lyder in den Streit; sie stritten zu Roß und 
hatten lange Svieße, und waren sehr geschickte Reiter. Krösos 
stellte sie in der großen Ebene vor der Stadt auf, und als Kv- 
ros sie zum Kampfe gerüstet sah, ward ihm bange vor ihrer 
Reiterei. Er stellte daher auf den Rath des Harpagos alle 
seine Kameele voran, und gab noch den Befehl, das Leben des 
Königs zu schonen. Als der Kampf begann, wendeten sich die 
Rosse der Lyder zur Flucht, denn das Pferd kann weder den 
Anblick noch den Geruch des Kameels ertragen. Die Lyder 
sprangen von ihren Pferden und drangen zu Fuß auf die Perser 
ein. Da nun von beiden Seiten Viele gefallen waren, wurden 
zuletzt die Lyder in die Flucht geschlagen. Hierauf wurden sie 
in ihre Stadt eingeschlossen und belagert. Am vierzehnten Tage 
erstiegen die Perser die Mauer an einer Stelle, die man für 
unüberstciglich gehalten und deshalb nicht mit Wachen versehen 
hatte, eroberten und verwüsteten die Stadt. Sogar Krösos kam 
in Lebensgefahr, denn ein Perser, der ihn nicht kannte, drang 
auf ihn ein und wollte ihn tödten. Als aber des Königs Sohn, 
der bis dahin stumm gewesen war, den Perser aus seinen Vater 
losgehen sah, lösten Furcht und Angst seine Zunge, und er sprach. 
„Mensch, tödtc den Krösos nicht!" Das war sein erstes Wort, 
und seitdem konnte er reden sein Leben lang. So war denn 
das Orakel in Erfüllung gegangen, daß Krösos einst über diesen 
Sohn erhalten hatte: 
„Lyder, wiewohl ein gewaltiger Fürst, doch thörichten Herzens, 
Sehne dich nicht zu vernehmen in deinem Palast die erflehte 
Stimme des sprechenden Sohns. Das wird traun besser dir frommen; 
Wisse, er redet zuerst an den: unglückseligsten Tage!"
	        
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