Full text: Erzählungen aus der griechischen Geschichte (Theil 1)

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Als das Heer in der Gegend des alten Ilion (Troja) ge¬ 
langt war. und am Fuße des Ida übernachtete, kam Blitz lind 
Donner über das Volk und erschlug eine große Menge. Der 
Fluß Mäander hatte nicht Wasser genug für Menschen und Vieh 
und versiegte. Xerxes wünschte die alte Burg von Troja zu 
sehen und stieg hinauf, und als er sich Alles hatte erzählen 
lassen, opferte er der Ilischen Athene tausend Rinder, und die 
Mager gossen den Helden Trankopfer. In Abydos hielt der 
König eine große Musterung über das ganze Heer: er sah von 
einem Hügel aus auf einem erhöhten Sitze die Land- und See¬ 
macht. Auch wurde ihm zum Vergnügen ein Seetreffen veran¬ 
staltet. in dem die Phönicier den Sieg davontrugen. Wie nun 
der König den ganzen Hellespont von Schiffen bedeckt und alle 
Küsten und alles Feld von Menschen wimmeln sah, pries er sich 
selig, bald daraus aber fing er an zu weinen, und als man 
ihn nach der Ursache fragte, sagte er: „Es jammerte mich, da 
ich bedachte, wie kurz das ganze Menschenleben ist, denn von 
allen diesen Leuten wird über hundert Jahren keiner mehr am 
Leben /ein." 
Bei dem Uebergang über den Hellespont wurde vor Aus¬ 
gang der Sonne allerlei Rauchwerk auf den Brücken verbrannt, 
und der Weg mit Myrthen bestreut. Wie die Sonne aufging, 
spendete Lerxes ans einer goldenen Schale Opfertrank in das 
Meer und betete zur Sonne, daß ihm kein Unfall begegnen 
möge, der ihn in der Eroberung Europas stören könnte, bis er 
an die äußerste Grenze dieses Landes gelangt sein würde. Dar¬ 
auf warf er die Schale in den Hellespont, dazu einen goldenen 
Becher und ein Persisches Schwert. Nun zogen die Schaaren 
über die Brücken, auf der einen das ganze Fußvolk und die 
Reiterei, auf der andern die Dienerschaft und das Vieh. Der 
Uebergang dauerte sieben Tage und sieben Nächte ohne Unter¬ 
laß. Weiter auf dem Wege erschien dem Xerxes ein großes 
Wunderzeichen, das er aber keiner Aufmerksamkeit würdigte, so 
leicht es auch zu deuten war: ein Pferd brachte nämlich einen 
Hasen zur Welt. Dies war leicht so zu deuten: Lerxes wollte 
in aller Pracht und Herrlichkeit ein Heer gegen Griechenland 
führen, und er würde an denselben Ort zurückkommen, wie ein 
Hase auf der Flucht. 
Die Flotte segelte an der Küste vorbei, das Landhcer aber
	        
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