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führen; er selbst sprang ans den Rednerstuhl und hielt eine
nachdrückliche Strafrede. Er stellte ihnen vor, was sein Vater
und er selbst für die Macedonier gethan hätten, wie er weder
Wunden noch Mühseligkeiten gescheut, seine Krieger zu Sieges¬
ruhm und Reichthum gelangen zu lassen, und schloß dann mit
den Worten: „Jetzt gehet hin und erzählet, daß ihr eueren König
hier in Susa verlassen und den von ihm überwundenen Bar¬
baren zu bewachen übergeben habt. Dadurch werdet ihr un¬
streitig bei den Menschen rühmlich und bei den Göttern als
fromm erscheinen. Gehet hin!"
, Rach dieser Rede begab sich Alexander in seinen Palast
und ließ sich zwei Tage lang nicht sehen, und schon vertheilte
er die Befehlshaberstellen an die vornehmen Perser und ordnete
das Persische Heer, als die Macedonier am dritten Tage ihn
knieend um Verzeihung baten. Durch diese Reue ließ sich Alex¬
ander versöhnen.
Einen herberen Schmerz bereitete dem Alexander der Tod
seines Freundes Hephästion. Drei Tage lang wies er Speise
und Trank von sich und verschmähte allen Trost. Dann ver-,
wandte er zehntausend Talente zu dem Scheiterhaufen, einem
wahren Kunstwerke, auf welchem der Leichnam Hephästions in
Babylon, wo sich der König jetzt mit dem Heere befand, ver¬
brannt ward.
Auch ihm selbst, dem großen Alexander, war in Babylon
das Ziel seines Lebens gesteckt. Er verfiel in eine tödtliche
Krankheit, die er sich durch die beständigen Anstrengungen seines
Körpers und Geistes, auch wohl durch Unmäßigkeit, die er sich
gegen Ende seines Lebens hatte zu Schulden kommen lassen, zu¬
gezogen hatte, und starb im Jahr 323 v. Ehr. An seinem
Sterbetage wurde das verwaiste Heer zu ihm gelassen und fast
Mann für Mann reichte dem sterbenden König die Hand.
Alexander hinterließ keinen Nachfolger. Unter seinen Feld¬
herren entstanden lange und blutige Kriege, die zu einer Thel-
lung des weitläufigen Reiches führten. Die daraus hervorge¬
gangenen Königreiche bestanden bis in die Zeiten der Römer,
wo sie nach und nach eine Beute dieses eroberungssüchtigen
Volkes wurden.