Full text: Erzählungen aus der griechischen Geschichte (Theil 1)

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VIL 
Lykurgos. 
(888 v. Chr.) 
Achtzig Jahre nach dem Trojanischen Kriege (1104 v. Chr.) 
zogen die Dorier, ein tapferes Bergvolk der kleinen Landschaft 
Doris, die sich für Abkömmlinge des Herakles ausgaben, bei 
Naupactos über die Meerenge in den Peloponnes und nahmen 
diese Halbinsel, die sie als eine von ihrem Ahnherrn Herakles 
hintcrlassene Erbschaft betrachteten, in Besitz, nachdem sie die 
Nachkommen der Fürsten, die wir aus dein Trojanischen Kriege 
kennen gelernt haben, besiegt hatten. Doch wurde die Eroberung 
nicht auf einmal vollendet, vielmehr wehrten sich die Ueberreste 
der älteren Bevölkerung noch Jahrhunderte lang gegen die sieg¬ 
reichen Dorier. Diese theilten sich in das Land, und so ent¬ 
standen im Peloponnes mehrere Reiche, von denen Sparta, Messe¬ 
nien und Argos die bedeutendsten waren. In Sparta ging der 
Name dieser Stadt auf die Sieger über, die sich Spartaner 
nannten, während die unterworfenen Einwohner Lacedämonier 
hießen. Diejenigen, welche lange Widerstand geleistet hatten, ge- 
riethen in Sclaverei und wurden Heloten genannt. Sie mußten 
den Spartanern die Felder bauen und hatten ein hartes Loos. 
In Sparta regierten immer zwei Könige zugleich; doch riß 
im Lause der Zeit eine so große Verwirrung und Gesetzlosigkeit 
ein, daß einst der König Eunomos in einem Aufruhr mit einem 
Messer ermordet wurde. Es folgte ihm sein Sohn Polydektes, 
und da auch dieser bald starb, übernahm Lykurgos die Re¬ 
gierung. Als aber die Gemahlin des verstorbenen Königs einen 
Knaben gebar, so trat er diesem die Regierung sogleich ab und 
betrachtete sich nur als Vormund des unmündigen Königs, ob¬ 
schon ihm die Königin den Vorschlag gemacht hatte, das Kind 
heimlich zu tobten, wenn er sie heirathen und König bleiben 
wollte. Doch Lykurgos verschmähte diesen Antrag und ließ den 
Knaben gleich nach der Geburt durch seine Diener zu sich brin¬ 
gen. Er saß gerade mit angesehenen Spartanern beim Mahle, 
als ihm das Kind gebracht wurde. Sogleich stand er auf, und 
zeigte den Anwesenden das Kind mit den Worten: „Spartaner, 
ein König ist euch geboren!" Da Alle darüber erfreut waren.
	        
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