Zeitalter der Revolution.
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selbst die Fabrikation für den einheimischen Bedarf war den Kolonien
nur in einzelnen Artikeln erlaubt (z. B. grobes Tuch, Leder, Leinen), in
andern, namentlich in Metallwaaren, gänzlich untersagt.
§ 298. England hatte durch den Krieg mit Frankreich und
Spanien (1755—1763) seine Staatsschuld von 74Vz Million Pfund
Sterling auf 146Million gesteigert, daher suchte die Regierung
sich neue Einkünfte zu schaffen und belegte in Folge einer Parlameuts-
akte mehrere englische Einfuhrartikel in die Kolonien mit Eingangszöllen
(1764). Sie verwandelte diese aus die Protestation der Kolonialparla¬
mente (1765) in eine Stempeltaxe, diese (1767) in einen Eingangszoll
auf Thee, Glas, Papier und Malerfarben und setzte auf die Protestation
der Amerikaner die Theesteuer auf eine Kleinigkeit herab, indem sie zu¬
letzt nur dem britischen Parlamente das Recht, die Kolonien zu besteuern,
behaupten wollte, welches Recht aber die Kolonialparlamente ebenso
entschieden bestritten. Die Amerikaner verschworen sich keinen verzoll¬
ten Thee zu genießen und zu Boston warfen als Mohawks verkleidete
Männer (18. December 1773) eine Schiffsladung verzollten TheeS
in das Meer, worauf die englische Negierung den Hafen von Boston
sperrte, die Verfassung von Massachusetts beschränkte und die kanadi¬
sche Gränze südwärts vorschob. Dagegen vereinigten sich die Abgeord¬
neten der Kolonialparlamente zu einem allgemeinen Kongresse in
Philadelphia und beschlossen (14. September 1774) keine englischen
Maaren mehr zuzulassen, und sofern den Kolonien ihr Recht nicht würde,
den Verkehr mit England ganz abzubrechen; zugleich erließen sie au
den König und das Volk von England die Erklärung, daß sie nur ihre
Rechte gegen die Eingriffe der Regierung und des Parlaments wahren
wollen. Als Antwort wurde Massachusetts in Aufruhrzustand erklärt
und die Einfuhr von Waffen und Munition verboten; die Amerikaner
verstärkten hingegen ihre Milizen, nahmen englische Kriegsvorräthe weg
und legten zu Konkord ein Zeughaus an. Der Kommandant von
Boston nahm Konkord, wobei schon einzelne Schüsse bei Le ring ton
gewechselt wurden (19. April 1775), die erste größere Feindseligkeit
war aber die Erstürmung von Bunkershill (16. Juni), welche
die Engländer viele Leute kostete. Jetzt ries der zweite Generalkongreß
alle Milizen auf und gab ihnen in George Washington, einem vir-
ginischen Pflanzer (geb. 22. Februar 1732), einen Anführer, welcher den
Krieg dem Charakter des Landes und seiner Bewohner anzupaffen verstand.
8 299. Am 4. Juli 1776 erklärte der Generalkongreß die Un¬
abhängigkeit der Kolonien von England und schickte den Buch¬
drucker, Postmeister, Naturforscher und Staatsmann Benjamin
Franklin (geb. 17. Januar 1706 zu Boston) nach Europa, um
Bundesgenossen für Nordamerika zu werben. Er entzückte durch seine
republikanische Einfachheit und sein philosophisches Wesen ganz Paris,
aber nur begeisterte Privaten gingen nach Amerika unter das Banner
der neuen Republik, z. B. die Franzosen Lafayette, Rochambeau,
Lameth, die Polen Pulawski und Kosciusko, die deutschen
Barone von Steuben und Kalb. England hatte sich unterdessen
mächtig gerüstet und ein Heer von 50,000 Mann über den Ocean ge¬
schickt, das zum Theil aus Deutschen, namentlich 12,000 Hessen,
bestand, welche von ihren Fürsten in den englischen Dienst verkauft
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