Full text: Geschichte der neueren Zeit (Abth. 3)

142 
Geschichte der neueren Zeit. 
Preußen, gegen Riga, Schwarzenberg mit 50,000 Mann, meistens 
Oesterreicher und Sachsen, gegen Podolien wandte. Schon bei dem 
Einmärsche in Rußland verlor Napoleons Heer viele Mannschaft durch 
Krankheiten; die zurückweichenden Russen zerstörten die Vorräthe, welche 
sie nicht fortschaffen konnten, die Bevölkerung der Dörfer flüchtete in 
die Wälder, so daß sich auf dem langen öden Wege ein banges Vorge¬ 
fühl der Anführer und Soldaten bemächtigte. Erst bei Smolensk 
leistete der russische Feldherr Barklay de Tolly ernsthaften Wider¬ 
stand, ließ sich aber zu keiner Hauptschlacht zwingen (17. August). Endlich 
bei Borodino, unweit Moskau, nahm Kutusow, dem Barklay den 
Oberbefehl über die russische Armee hatte abtreten müssen, die Schlacht 
an; sie war furchtbar und wurde von Napoleon nur mit ungeheuren 
Opfern gewonnen (6. und 7. September). Kutusow wandte sich süd¬ 
wärts nach Kaluga, Napoleon zog am 15. in Moskau ein, das aber 
vom 15.—21. September in Flammen aufging, die auf Anordnung 
des Gouverneurs , Fürst Ro stop sch in, angelegt wurden. Napoleon 
hatte wie in seinen Feldzügen gegen Oesterreich und Preußen den Krieg 
durch einen Stoß gegen das Herz des Feindes entscheiden wollen, der 
Stoß war ihm gelungen, aber jetzt stand der Sieger inmitten des 
weiten Rußlands, das ihm keine Hilfsquellen bot wie die deutschen 
Länder, mehr als 200 Stunden von seiner Operationsbasis Polen ent¬ 
fernt, mit einem täglich schwindenden Heere, das dem russischen schon 
nicht mehr an Zahl gleich war. 
§ 372. Er mußte sich zum Rückzug entschließen (19. Oktober), 
welcher durch die am 6. November einbrechende Kälte, durch Mangel an 
Kleidung und Nahrung, endlich durch die verfolgenden Russen dem 
Reste des Heeres verderblich wurde. An der Be resina, einem Ne¬ 
benflüsse des Dniepr, befand sich Napoleon zwischen dem verfolgenden 
Heere Kutusows und einem andern, das von der türkischen Gränze her¬ 
aufgezogen war; dennoch überschritt er mit nur 18,000 kampffertigen 
Kriegern den Fluß auf zwei eilig hergefiellten Brücken bei Studienka 
und schlug sich durch, wobei freilich die wehrlose Masse zu Grunde 
ging oder den Russen in die Hände siel (26.—29. November). Die 
Flucht ging ohne Ordnung weiter, er selbst eilte voraus (6. December) 
und war in Frankreich (19. December), ehe nur in Deutschland die 
entsetzliche Katastrophe in ihrem ganzen Umfange bekannt war. Keine 
50,000 Mann erreichten Polen und fanden erst jenseits des Riemens 
Ruhe, als die erschöpften Russen stille hielten. 
Neuntes Kapitel. 
Der Befreiungskrieg. 
Preußens Erhebung (1813). 
§ 373. Schwarzenberg führte seine Heeresabtheilung fast un¬ 
gestört zurück, die preußische dagegen, welche unter General Jork vor 
Riga mit Auszeichnung gefochten hatte, wurde von den Russen auf
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.