Die Griechen.
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der aufgestandenen Aegyptier nannten; er bewies seine langerprobte
Kriegskunst zum letztenmal und starb auf der Rückfahrt. 361.
Der Lundesgenossenkrirg -er Athener (358 — 355 v. Ehr.).
Sparta und Athen verlieren ihre Bedeutung.
§ 295. Athen war wieder eine Seemacht geworden und stand an
der Spitze einer großen Bundesgenossenschaft; als es aber wie früher
Beiträge erheben wollte, ließen sich die Bundesgenossen durch den Für¬
sten von Halikarnaß, den Mausolus (dem seine Gemahlin Artemisia Mausoleum,
ein weltberühmtes Grabmal errichtete), leicht zum Abfälle bewegen.
Die Athener vermochten es auch nicht sie zu unterwerfen; ihr-en besten
Feldherrn, den ChabriaS, verloren sie bei dem Angriffe auf Chius,
den Jphikrates und Timotheus vertrieben sie auf die Anklage
des Chares hin, dem sie ihr meistes Zutrauen schenkten, und doch war
dieser ein leichtfertiger Verschwender, im Kriege aber ein Erpresser und
Räuber. Er bewog sie für schweres Geld einen aufrührerischen Sa¬
trapen zu unterstützen; als ihnen aber der erzürnte Perserkönig mit
Krieg drohte, wenn sie nicht augenblicklich ihre Flotte heimberufen und
die Bundesgenossen in Ruhe lassen würden, fügten sie sich alsbald.
§ 296. So weit war es mit Griechenland gekommen, daß der Be¬
herrscher des morschen Perserreiches befehlen konnte, und doch besaß
Griechenland solchen Ueberfluß an Soldaten, daß der Großkönig und
seine Satrapen ganze Heere anwarben und in ihnen die Stützen ihrer
Macht fanden. Dafür mangelte es aber den griechischen Städten mehr
und mehr an streitbaren Bürgern; denn die Athener z. B. beschäftigte
das Theater, die Choregien, Volksversammlungen, gerichtliche Verhand¬
lungen und das Politisieren dergestalt, daß sie weder zu Land noch zur
See mehr ausziehen wollten und den Dienst Söldnern überließen. In
Sparta war die Zahl der Bürger so zusammengeschmvlzen, daß die
Familien nur mehr nach Hunderten gezählt wurden; und als vollends
erlaubt wurde, die Kleren zu schenken und testamentarisch über sie frei
zu verfügen, so sammelte sich der Grundbesitz bei wenigen Familien,
welche schwelgten und praßten, während die verarmten Spartaner in frem¬
den Sold gingen. Es gab in Griechenland keine Stadt mehr, welche
es vermocht hätte, eine Hegemonie zu gründen und so wenigstens einen
größeren Theil der griechischen Nation zu einem gemeinschaftlichen
Handeln zu vereinigen. Die Tage des freien Griechenlands gingen
zu Ende.
Griechische Kunst und Wissenschaft.
8 297. Die wunderbare Höhe, zu welcher sich die griechische Na¬
tion während der langen Kriege gegen die größte Monarchie der Erde
emporschwang, drückte ihrem Schaffen in dem Gebiete der Kunst und
Wissenschaft ein auszeichnendes Gepräge auf, und wie die nationale
Kraft abnahm, das Leben minder erfreulich, aber üppiger wurde, so
spiegelte es sich wider in den Geisteswerken. Athen hatte im Kriege
gegen Asien am meisten gethan und durch den Sieg am meisten gewon¬
nen, daher entfaltete es auch die reichste Blüte des griechischen Geistes
in der Zeit zwischen dem letzten Kriege gegen die Perser und dem Aus-