Das römische Kaiserreich.
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Rheinlinie begonnen, aber nicht zum Vortheile der Römer, denn der
Legat Lollius wurde von den Germanen geschlagen und der Adler 16 v. Chr.
einer Legion verloren, als aber Drusus den Oberbefehl erhielt, wurde 12 v. Chr.
Deutschland vom Main bis zur Nordsee, vom Rheine bis zur Elbe von
römischen Kriegsheeren durchzogen, und römische Flotten fuhren in die
Rhein-, Ems-, Weser- und Elbemündungen. Von 12 bis 9 v. Chr.
besiegte Drusus in mörderischen Kämpfen die Siga mb rer, Usi-
peten,Brukterer, Chauken, Cherusker, auch die Chatten,
welche sich zuletzt gegen die Römer erhoben, während die Bataver
und Friesen sich mit ihnen gegen ihre germanischen Nachbarn ver¬
banden. Drusus starb auf seinem Rückzug von der Elbe; sein Bruder
Tibcrius errichtete ihm ein Denkmal bei Mainz (NoZunliueum), das
den Römern als Stützpunkt für ihre Feldzüge gegen die Mitte Ger-
maniens diente.
8 553. TiberiuS, welcher die zwei folgenden Jahre den Ober¬
befehl führte, setzte das Werk seines Bruders fort und auch die ihm
folgenden Generale konnten sich derselben Erfolge rühmen, welche Tibe-
rius in neuen Expeditionen vervollständigte. Die germanischen Stämme 4 u. 5n.Chr.
mußten sich vor der römischen Uebcrmacht beugen, sie traten nach ein¬
ander in ein Bundesverhältniß zu den Römern, welche unter
den Vornehmen Anhänger durch Geschenke und Ehrenzeichen gewannen,
die streitbarste Jugend durch guten Sold unter ihre Fahnen lockten,
daneben die hergebrachte Feindschaft oder Eifersucht der einzelnen Stämme
und adeligen Familien gegen einander arglistig nährten, während gleich¬
zeitig zwischen Rhein und Weser die Legionen in festen Lagern Stellung
nahmen und sich an wichtigen Punkten römische Kastelle erhoben. Wie
mußte nicht der römische Reichthum an Gold und Silber, die schönen
Waffen und Feldzeichen, der militärische Schmuck, das lustige Leben im
römischen Lager bei Wein und Spiel die armen, sinnlichen Barbaren
reizen, auf welche ohnedies die Ueberlegenheit der römischen Kultur tiefen
Eindruck machte! Augustus glaubte wirklich das Land zwischen Rhein
und Weser sei dem Reiche gewonnen und romanisiert, so daß er seinen
früheren Gedanken den Rhein als Gränze festzuhalten, auf¬
gab und dieselbe an die Weser vorrückte, auch statt kriegerischer Feld¬
herrn den Ouinctilius Varus nach Germanien schickte, damit
dieser die germanischen Bundesgenossen in Unterthanen umwandle.
Der Marko manne Marobod. Panno nischer Aufstand
(6—9 n. Chr.).
§ 554. Aus dem Lande zwischen der oberen Donau und dem Maine
zogen die suevischen Markomannen (d. h. die Männer an der Mark
oder Gränze), die Nähe der Römer scheuend, in das Land der keltischen
Böser (Basohcmum, Böhmen) und vertrieben oder unterjochten die¬
selben; ihr Heerkönig Marobod machte die suevischen Sennonen,
Longobarden und Ligyer durch Ueberredung und Gewalt zu seinen
Bundesgenossen und gründete so eine Macht, durch welche das römi¬
sche Norikum und Pannonien ernsthaft bedroht waren. Gegen
ihn richtete Tiberius eine Streitmacht von zwölf Legionen, als in 6 n Chr.
seinem Rücken sich die dalmatisch-pannonischen Völkerschaften erhoben,
in Makedonien cinsielen und Italien in Schrecken setzten, wodurch er
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