Full text: Geschichte der Alten Welt (Theil 1)

Die ältesten Staaten. 
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dem lydischen Reiche angehört hatten, unterwarfen sich den Feldherrn 
des Kyrus theils ohne Kampf, theils nach hartnäckigem Widerstande; 
dasselbe Schicksal hatten die Karer, Lykier und Kilikier; wahrscheinlich 
fügten sich auch damals schon die Phönikier, denn die Lage dieser Staa¬ 
ten änderte sich nicht wesentlich, indem sie ihre Einrichtungen behielten 
und dem persischen Könige nur Heerfolge und Tribut leisten mußten. 
§ 109. Endlich wandte sich Kyrus gegen das babylonische Reich, 
das die persischen vorderasiatischen Länder auf eine große Strecke wie ein 
Keil von dem eigentlichen Persien trennte. In Babylon herrschte nicht mehr 
das Geschlecht Nebukadnezars, das durch Palastrevolutionen vernichtet 
worden war, sondern ein vornehmer Babylonier, Nabonid (in der Bi¬ 
bel Belsazar genannt), ein übermüthiger üppiger Mann, welcher dem Belsazar. 
Sturze des lydischen Reichs unthätig zugesehen hatte. Seitdem machte 
er sich jedoch auf den Angriff des Kyrus gefaßt und häufte Vorräthe 
für mehrere Jahre in Babylon an. KyruS überschritt ungehindert den 
Tigris, schlug das babylonische Heer in der Nähe der Hauptstadt, fand 
aber bald, daß diese mit Gewalt nicht zu erobern sei. Er fand jedoch einen 
andern Weg; in einer Nacht, in welcher die Babylonier eines ihrer 
ausschweifenden Feste feierten, öffnete Kyrus die Schleußen der Kanäle 
oberhalb Babylon und leitete dadurch das Wasser des Stromes in so 
weit ab, daß seine Perser im Bette des Euphrat mitten in die Stadt 
eindringen konnten. Der Ueberfall gelang so vollkommen, daß auch Babel ero¬ 
die königliche Burg im ersten Anlaufe genommen und der König selbst |e,r* 538 
erschlagen wurde. Kyrus verschonte die Stadt und Babylonien war 
seitdem persische Provinz und zwar die einträglichste von allen. 
Die Heimkehr der Juden (536 v. Ehr.). 
§ 110. Kyrus vernahm, daß durch die Propheten der Juden Ba¬ 
bylons Fall vorausgesagt und er selbst als das Werkzeug Jehovahs 
bezeichnet war, um die reuigen Juden wieder in ihre Heimath zurück¬ 
zuführen. Da ergriff ihn Ehrfurcht vor diesem Gotte, er erlaubte ihnen 
die Heimkehr und ließ ihnen auch die von Nebukadnezar geraubten kostba¬ 
ren Tempelgeräthe zurückgeben. Etwa 50,000 Juden kehrten unter Z o- Zorobabel. 
robabels Anführung nach Palästina zurück, wo sie sich hauptsächlich in 
Jerusalem und in der Umgegend niederließen. Sie begannen den Wie¬ 
deraufbau des Tempels, wiesen aber den Beistand derjenigen Bevölkerung 
ab, welche sich aus den zurückgebliebenen Juden und den fremden Ein¬ 
wanderern in dem Gebiete des ehemaligen Königreichs Israel gebildet 
hatte, weil dieselbe Jehovah zwar als Landesgott, neben ihm aber 
auch andere Götter verehrte. Nach der Stadt Samaria hießen sie Sa- Die Sama- 
maritaner und sie brachten es durch Ränke an dem persischen Hofe da- ^taner. 
hin, daß der Tempelbau verboten und erst unter dem dritten Nachfolger 
des Kyrus wieder erlaubt wurde. Die Juden lebten als Unterthauen 
des persischen Reichs nach ihren alten Rechten und Sitten; durch das 
Exil geläutert blieben sie Jehovah treu, bebauten das Land mit dem¬ 
selben Fleiße wie ihre Vorfahren und sorgten durch die Errichtung von 
Synagogen dafür, daß der Inhalt der heiligen Schriften jedermann 
bekannt wurde. Auch die Samaritaner verließen den Götzendienst, 
denn in ihrem Tempel auf dem Berge Garizim wurde nur Jehovah 
verehrt; doch haßten sie die Juden unauslöschlich und diese erwiederten
	        
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