Die Griechen.
53
dorischen Maliern; er beschützte das delphische Orakel, an das sich
Dorer vorzugsweise wandten; er kam dem König und Gesetzgeber der
Dorer Aegimius, als sie im nördlichen Thessalien wohnten, gegen
die Lapithen zu Hilfe, und zum Danke nahm Aegimius den Sohn des
Herakles, Hyllus, an Kindesstatt an, auf welchen die königlichen Ge¬
schlechter der Dorier ihren Ursprung zurückführten; endlich sollte He¬
rakles die olympische Festfeier gegründet haben, die aus einer
dorischen frühe zu einer nationalen erwuchs.
§ 147. Die griechische Heraklesmythe ist vielfach mit orientalischen
Elementen gemischt, die namentlich lydischen und phönikischen Ursprun¬
ges sind und dem Kulte des Sonnengottes dieser beiden asiatischen
Völker angehören, so daß man den reingriechischen Kern der Herakles¬
mythe nicht auszuscheiden vermag.
Thesens. Minos.
§ 148. Der Heros des jonischen Stammes, zunächst der
Stadt Athen als seiner Heimath, ist Theseus, ein Abkömmling des Thcscus und
meerbeherrschenden Gottes Poseidon (Neptun). Die attische Mythe Äonier.
gesellt ihn dem Herakles als Freund zu und läßt ihn ähnliche Thaten
verrichten. Die wichtigste ist die Befreiung Athens von dem Tribute,
zu welchem es von dem Könige der Insel Kreta, Minos, verpflichtet Minos,
war. Dieser Minos war ein Sohn des Zeus, beherrschte Kreta und
die meisten Inseln und machte Megara nebst Athen tributpflichtig.
Jährlich mußten die Athener sieben Knaben und ebenso viele Mädchen
nach Kreta schicken, wo sie dem Ungeheuer Minotaurus, welches Minos Der Mino-
in dem Labyrinthe beiKnoffus eingeschlossen hielt, zum Fräße dienten. taur*
Theseus. erlegte eö und befreite so Athen von jährlich wiederkehrendem
Jammer.
8 149. Dieser Mythe liegt wahrscheinlich die Thatsache zu Grunde, Erklärung
daß ein Seekönig, der Kreta und die meisten Inseln beherrschte, für
einige Zeit auch Athen und Megara unterwarf, zuletzt aber von einem "
attischen Helden zurückgeschlagen wurde. In dem menschenfressenden
stierköpsigen Ungethüm Minotaurus glaubt man den phönikischen
Moloch mit seinen gräulichen Menschenopfern zu erkennen; denn auf
Kreta hatten die Phönikier mehrere größere Niederlassungen und damit
auch Tempel und Opferftätten für Moloch und Astaroth gegründet;
Theseus erscheint demnach als Hort und Rächer der Ionier gegen Ka-
rer und Phönikier. (Menschenopfer waren jedoch auch dem griechischen
Kulte nicht ganz fremd; einzelne Fälle werden im Zeitalter der Heroen
erzählt, desgleichen während der Perserkriege und selbst noch in späte¬
rer Zeit.)
§ 150. Dem Theseus schrieben die Athener auch die Vereinigung
aller attischen Städte und Gaue in eine Gesammtheit, die Bürger¬
gemeinde Athen, zu, die er durch gemeinschaftliche Festfeier (Pana-
thenäen) befestigte; dieser Vereinigung verdankten es die attischen Ionier,
daß sie Stärke genug besaßen, um die Angriffe anderer Stämme zu¬
rückzuschlagen.
Nachdem er Attika auf diese Weise geordnet hatte, zog er auf neue
Abenteuer aus, fand aber bei seiner Zurückkunst einen andern im Besitze
der königlichen Gewalt und das Volk ihm entfremdet; deßwegeu begab