Die Germanen.
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Die Nation der Germanen.
§ 4. Die Germanen waren eine der großen arischen Volker-Abstammung
samilie angehörige Nation, die in unbekannter Zeit aus Asien, wahr-und Wohn-
scheinlich den vorausgegangenen Kelten folgend, nach Europa wau-
derte und im ersten Jahrhundert v. Ehr. bereits den Rhein über¬
schritten hatte und die gallischen Kelten bedrängte, während noch andere
keltische Völker im Alpengebirge und auf der nördlichen Abdachung
desselben von Helvetien bis Pannonien, sowie in Böhmen und Mähren
wohnten (Th. I. S. 136). Nach dem ausdrücklichen Zeugnisse des Leibliche Be-
Cäsar und Tacitus waren die Germanen von jedem andern Volke leicht schaffenheit.
zu unterscheiden, ausgezeichnet durch hohen Wuchs und kräftigen Glie¬
derbau, durch blonde oder röthliche Haare, blaue Augen mit heraus-
forderndem Blick. Unter Cäsar betraten die Römer zuerst den Boden
Germaniens, aber nicht 100 Jahre später, zur Zeit des Tacitus, waren
sie von der Unmöglichkeit die Germanen zu besiegen überzeugt und be¬
trachteten dieselben als die einzigen gefährlichen Reichsfeinde.
K 5. Der gleiche Schriftsteller behauptet, der Name Germanen sei Name,
denselben von den Galliern beigelegt worden; man hat denselben daher
aus dem Keltischen zu deuten versucht (früher als Waldbewohner,
später als Lärmer; entschieden mißglückt ist die neueste Erklärung aus
dem lateinischen Worte germani, nach welcher die Germanen „echte
Gallier" wären). Im Volksmunde hat er sich nicht erhalten; „Teuto¬
nen" war nie der Name des ganzen germanischen Volkes, sondern nur
eines Stammes, der von Marius bei Aquae Sextiae vernichtet wurde,
auch steht er in keinem Zusammenhänge mit dem Namen „Deutsche"
(die Wurzel lautet gothisch Thiuda, althochdeutsch Diota, d. h. Volk,
von welchem die Adjectivbildungen thiudisk, diudisk, diutsch, deutsch ab¬
stammen, welche in Verbindung mit Volk oder Land das Nationale und
Heimatliche im Gegensätze zu dem Fremden bezeichnen), der erst viel
später, nach der gänzlichen Auflösung des Frankenreiches Natioualname
wurde.
8 6. Wie Tacitus berichtet, feierten die Germanen den erdgebornen Stämme.
Gott Tuisko und dessen Sohn Mann als Urväter; von Manns drei
Söhnen leiteten sie die drei Hauptstämme der germanischen Nation her:
1) die Jstävonen am Rheine, von dessen Mündungen bis an den
Main; 2) die Jngävonen, von den Rheinmündungen bis Jütland
(cimbrischer Chersones); 3) die Hermionen (Herminonen) in dem
andern Germanien, oder die Sueven im weitesten Sinne des Wortes.
Eine andere Meinung beschränkt die Herminonen auf die Stämme des
Cheruskerbundes zu beiden Seiten der Weser, sowie des Chat-
tenbundes, vom Zusammenfluß der Werra und Fulda bis an den
Main, und erklärt die Sueven als nach Ost und Süd gewanderte, mit
fremden Völkern gemischte germanische Stämme.
Die Germanen kannten demnach ihre gemeinschaftliche Abstammung Zwietracht
und behaupteten stolz, kein Volk der Erde übertreffe sie an Kriegsmuth eine «ran.
und Treue. Dies hinderte aber ihre Stämme nicht, sich gegenseitig bis Eigenschaft,
zur Vernichtung zu bekämpfen und mit andern Völkern im Bunde oder
in deren Dienste gegen Germanen zu fechten.
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