Drittes B u ch.
10. Histiaios und Iristagoras von Milet.
(Der jonische Aufstand.)
Die Griechen an der Küste Kleinasiens, Aeoler, Ionier,
Dorier, hatten ihre Freiheit an die Könige von Lydien verloren,
nach dem Sturze der lydischen Macht unter Krösos waren sie
in die Botmäsigkeit der Perser übergegangen. Mangel an poli¬
tischer Einheit, Eifersncht und Feindseligkeiten der einzelnen
Städte gegen einander, Parteistreitigkeiten und Revolutionen
iin Innern hatten ihre Widerstandskraft geschwächt und ihren
Fall veranlaßt; aber auch unter der Herrschaft der Barbaren
war das rege geistige Leben, welches sich bei ihnen, den Io¬
niern zumal, am ersten unter allen Griechen entwickelt hatte, in
Poesie und Kunst, in philosophischer, geographischer und histori¬
scher Forschung sich kund gab, nicht erdrückt worden, Handel und
Gewerbe standen in hoher Blüthe, in den volkreichen Städten
war eine Fülle von frischen thätigen Kräften. Die Herrschaft
der Barbaren war nicht drückend und beengend; sie zahlten dem
Großkönig einen mäßigen Tribut, leisteten Heeres folge und
standen unter der Negierung von einheimischen Tyrannen. Der
Tyrann von Milet, der größten und volkreichsten aller Griechen¬
städte, war um's Jahr 513 Histiaios, Sohn des Lysagoras.
Damals unternahm der Perserkönig Dareios seinen großen