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11. Miltiades von Athen.
Wart gebraucht hatte. Zugleich aber mag die Athener das Be¬
wußtsein ihrer Schuld, daß sie die Tochterstadt in ihrer Be-
drängniß im Stiche gelassen, und die Lange Voraussicht nieder¬
gedrückt haben, daß ihnen in nächster Zukunft ein gleiches Ge¬
schick drohe. Athen und Sparta, die mächtigsten Staaten Griechen¬
lands, hatten einen großen Fehler begangen, daß sie nicht ihren
asiatischen "Stammgenossen die Freiheit erkämpfen halfen und
dadurch zugleich der ihnen selbst drohenden persischen Macht
eine Grenze setzten; Athen hatte doppelt gefehlt, weil es die
nicht nachhaltig bekämpfte Macht zur Rache gereizt und ihr
einen Vorwand gegeben hatte, ihre Waffen nach Europa
herüberzutragen.
11. Miltia-es von Athen.
Im Jahre 560, wo Peisistratos zum erstenmal sich der
Tyrannis von Athen bemächtigt hatte, saß eines Tages zu Athen
ein vornehmer Mann vor seinem Hause, das Herz voll Gram
und Groll über das Mißgeschick des Vaterlandes. Es war Mil¬
tiades, des Kypselos Sohn, aus dem reichen und vornehmen
Geschlechte der Philaiden, welche für die Nachkommen des saka-
minischen Aias galten. Sein Haus war verschwägert mit der
Tyrannenfamilie des Kypselos von Korinth; Hippokleides, Ge¬
schwisterkind mit Miltiades, hatte um die Tochter des sikyoni-
schen Tyrannen Kleisthenes geworben (S. 58); Miltiades selbst
war der Erste und Mächtigste unter dem attischen Adel gewesen,
und der Gedanke an eine tyrannenähnliche Herrschaft in seiner
Vaterstadt mag ihm nicht fern gelegen haben. Jetzt hatte ein'
verhaßter Widersacher sich zum Herrn Athens gemacht, und der
Weg des Ruhms und der Ehre war ihm verbaut; er dachte an
Auswanderung. Während er mit solchen Gedanken mißmuthig
vor seinem Hanse saß, sah er eine Schaar fremder Männer in
St oll, Die Helden Griechenlands. 0)