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die Ebene hin, wo Jupiters Tempel stand. Dankbar nahm ich die
Vorbedeutung an.
96. Bruck in Holland.*
Nie sahen wir einen seltsamern Ort als Bruck, und es gibt
auch wohl keinen zweiten der Art in der Welt. Die Einwohner 5.
desselben sind lauter reiche Capitalisten, die hier, wie Einsiedler, in
der völligsten Abgeschiedenheit von der Welt ihre Zinsen verzehren,
einzig und allein beschäftigt, alles um sich her zu scheuern und zu
putzen, und mit den Fliegen Krieg zu führen. Sie haben selbst
unter einander wenig Umgang, jeder lebt für sich, selten läßt sich 10.
jemand auf der Straße blicken.
So wie ein Fremder im Orte erscheint, ziehen sich die Ein¬
heimischen wie Schnecken in ihre Häuser zurück, riegeln die Thüre
zu und schielen nur verstohlen durch die Spalte der schneeweißen
Gardinen, welche ihre spiegelhellen Fenster von oben bis unten dicht 15.
verhängen. Nur Fremden vom höchsten Range erlauben sie, und
das sehr ungern, den Eintritt in ihre Häuser, weil sie es nicht
ändern können. Vor einiger Zeit besuchte eine sehr vornehme Dame
verschiedene Häuser, um die Wohnungen dieser seltsamen Menschen
in der Nähe zu sehen. Aengstlich schlich eine Magd ihr auf jedem 20.
Tritte nach, um gleich mit einem feuchten Tuche die Stelle abzu¬
wischen, die sie mit ihren zierlichen seidenen Schuhen betreten, so
bald sie den Fuß weiter setzte, damit ja kein fremdes Stäubchen in
der Wohnung zurückbleibe.
Das Dorf zieht sich in einem Halbzirkel um ein Bassin, welches 25.
zwei sich hier vereinigende Canäle bilden. Die Straßen sind so
schmal, daß kein Wagen hindurch fahren kann; das Reiten ist durch
hin und wieder angebrachte Barrieren ebenfalls verwehrt. Keine
Kuh, kein Pferd, kein Schaf darf durch die Straßen gehen, alle
Thiere werden hinten herum in ihre Ställe geführt; ja wenn es 80.
möglich wäre, würde man auch den Vögeln verbieten über die Straße
wegzufliegen. Das Pflaster besteht aus schmalen, rothen und bläu¬
lichen glasurten Ziegelsteinen, man nennt sie Klinker. Diese sind in
allerhand Muster gelegt, so daß es aussieht, als wären die Straßen
mit türkischen Teppichen belegt. Kein Schmutz wird darauf geduldet, '35.
alles ist wie der Fußboden im elegantesten Salon; die zwischen dem
Pflaster aufsprießenden Gräschen rauft man sorgfältig aus.
Die Häuser sind nicht groß, aber zierlich, geschmacklos und bunt,
als kämen sie aus einem Nürnberger Spielzeugladen. Vor jedem
Hause liegt ein Gärtchen, dadurch stehen sie weit genug auseinander, 40.
um das gehörige Licht zu erhalten, ohne daß die Straßen breiter
wären, als es für zwei oder drei nebeneinander hingehende Per¬
sonen nöthig ist. Jedes Haus hat zwei Thüren, eine im Hinter¬
gebäude für den täglichen Ein- und Ausgang, die andere an der
* Johanna Schopenhauer.
Mager, Deutsches Elemcntarwerk. I. 2. Zehnte Aufl.
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