Full text: Geschichte der neuen Zeit für Mittelschulen und zum Selbstunterricht (Theil 3)

62 Die Reformation. Religionskriege. Verfall Deutschlands rc. 
war. Zu gleicher Zeit entzweiten sich die Katholiken abermals, indem 
die eine Partei die Herrschaft der Guisen mit Hilfe der Hugenotten 
brechen wollte und daher diese begünstigen mußte; die Häupter dieser 
Partei waren des Königs Bruder, der Herzog von Alenyon und Hein¬ 
rich von Navarra, und abermals bestand das Hauptmanöver darin, daß 
man sich der Person des Königs zu bemächtigen suchte. Aber es mi߬ 
lang auch diesmal; die Häupter der Verschworenen wurden festgesetzt 
und nur dem Prinzen Konde gelang die Flucht nach Straßburg, von 
wo ihn die südfranzösischen Hugenotten als Anführer herbeiriefen. Zn 
diesem Jahre 1575 den 30. März starb Karl IX., der seit der Pariser 
Mordnacht keine ruhige Stunde gehabt hatte, und ihm folgte der Herzog 
von Anjou, sein Bruder, als Heinrich HI. Der andere Bruder, der 
Herzog von Alentzon, entfloh aus dem Gefängnisse und verband sich mit 
den Hugenotten und den unzufriedenen Katholiken (Politikern), während 
Konde ein deutsch-protestantisches Heer nach Frankreich führte. Nun 
entwich auch Heinrich von Navarra und wurde wieder Protestant, der 
König aber schloß in Beaulieu (1576) einen Frieden mit den Huge¬ 
notten, der ihnen im ganzen Königreiche, Paris ausgenommen, gleiche 
religiöse und bürgerliche Berechtigung mit den Katholiken gewährte, eilf 
Sicherheitsplätze und acht Parlamente einräumte. Dagegen stifteten 
die Guisen die heilige Liga, so daß neben dem hugenottischen Bünd¬ 
nisse ein katholisches bestand und Frankreich in zwei Lager getheilt war; 
dies konnte in einem Lande, welches nur einen Herrscher besaß, nicht 
lange dauern, die eine oder andere Partei mußte siegen oder Frankreich 
in Stücke gehen. Da der König keine Nachkommen hatte, so mußte der 
Thron nach seinem Tode an einen hugenottischen Bourbon übergehen; 
dem wollte die Liga zuvorkommen und arbeitete für die Thronfolge der 
Guisen als angeblicher Abkömmlinge von Karl dem Großen; von einer 
solchen Thronfolge bis zum Thronraube ist nur ein kleiner Schritt, wie 
die englische Geschichte beweist. Die Minen der Guisen wurden Hein¬ 
richen bekannt und er suchte sie dadurch unschädlich zu machen,. daß er 
sich selbst zum Haupte der Liga erklärte und auf einer Neichsversamm- 
lung zu Blois, an der die Hugenotten keinen Antheil nahmen, die 
katholische Religion als die Religion Frankreichs proklamierte und die 
Ausübung jedes andern Kultes verbot (1576). Die Folge war ein 
neuer Hugenottenkrieg, der durch den Frieden von Bergerak (1577) 
und das Edikt von Poitiers beendet wurde; der König gestand darin 
den Hugenotten vieles zu, weil er sah, daß er neben den Guisen so lange 
nichts gelten werde, als der Kampf der beiden Parteien in Frankreich 
dauere; daher gebot er auch die Auflösung der Liga und der anderen 
Bünde. Die mehrjährige Ruhe wurde nur kurze Zeit durch einen eigen¬ 
mächtigen Krieg Heinrichs von Navarra unterbrochen, aber um so eifriger
	        
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