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Neue Geschichte. 2. Periode. Rußland.
tus.*) Die Besorgniß, daß einst nach seinem Tode durch Alexei
Unruhen entstehen könnten, gab den Ausschlag. Als dem unge-
rathenen Sohne das Todesnrtheil angekündigt wurde, erschrak er
so, daß er augenblicklich erkrankte und von Stunde zu Stunde
schwacher wurde. Dringend verlangte er, seinen Vater zu sprechen.
Katharina redete Petern zu, ihm die Bitte zu bewilligen. Er
fand ihn sehr krank. Mit thränenden Augen und gefaltenen
Händen bekannte Alexei wiederholt: „Ich habe mich schwer an
Gott und meinem Vater versündigt. Ich bin unwerth des Le¬
bens und hoffe nicht, von der Krankheit zu genesen. Nur flehe
ich Euch an, vor meinem Ende den Fluch, den Ihr auf mich ge¬
legt, von mir zu nehmen und meine Verbrechen zu verzeihen, mir
den Vatersegen zu ertheilen und für meine Seele beten zu lassen."
Alle Anwesende waren tief gerührt, der Czar aber niächtig er¬
schüttert. Als er sich etwas gefaßt hatte, gab er ihm seinen Se¬
gen, verzieh alles Vergangene und schied von ihm in tiefer Be¬
wegung. — Gegen Abend nahmen die Beängstigungen des Krän¬
chen zu; er begehrte dringend, noch einmal den Vater zu sprechen.
Schwer entschloß sich Peter dazu; aber schon auf dem Wege er¬
hielt er die Nachricht, daß Alexei gestorbeil sei. Dieser plötzliche
Todesfall regte, wie gewöhnlich, den Argwohn der Leute auf,
und nun hieß es, Peter habe ihn heimlich tobten lassen; Einer
meinte, durch Aderlaß; ein Anderer, durch Gift; ein Dritter be¬
hauptete gar, es sei ihm der Kopf abgeschlagen worden. Das
geschah 1718.
Auf dieses traurige Ereigniß folgte ein fröhlicheres, der Friede
mit Schweden in Ny esta dt in Finnland (1721), nachdem
Karl XII. vor Friedrichshall erschossen war. Die eksten russi¬
schen Staatsbehörden beschlossen bei dieser Gelegenheit die großen
Verdienste ihres Czars dadurch anzuerkennen, daß sie ihn baten,
den Titel eines Vaters des Vaterlandes, eines Kaisers aller
Reußen und des Großen anzunehmen. Nach einigen Umstän¬
den willigte er ein, und zu seinem Ruhme muß man sagen, daß
er dieser Titel würdig war. — Seit der Zeit nahmen jedoch
seine Kräfte sichtlich ab. Seine ungeheuere Thätigkeit, die vielen^
drückenden Sorgen und Kümmernisse und zum Theil auch seine
heftigen Leidenschaften untergruben vor der Zeit seine Lebens¬
kräfte. Er ging in den letzten Jahren wenig mehr aus, las viel,
*) Siehe Th. I., >L>. 98.