Full text: Die neuere Zeit (Abth. 3)

Katharina II. 
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als discipVnirten türkischen Heeren meistens überlegen, und die tür¬ 
kische Flotte ward (bei der Insel Scio) von einer nach dem Archi- 
pelagns gesandten russischen gänzlich geschlagen und verbrannt. Nach 
solchen Unfällen wandte sich die Pforte an Oesterreich und Preußen 
um Vermittelung eines billigen Friedens mit Rußland, woraus auch 
ein Waffenstillstand -zu Stande kam; allein als die beiden vermit¬ 
telnden Mächte durch die erste Theilung Polens 1772 (s. S. 
76) beruhigt waren, brach der Krieg von Neuem aus. Die Ein¬ 
schließung des Großveziers (bei Schumla) verschaffte den Russen 
einen vortheilhaften Frieden, in welchem sie sich freie Schifffahrt auf 
allen türkischen Gewässern so wie die Freiheit der Tataren in der 
Krim zusichern und einige Festungen abtreten ließen. 
Unter dm zahlreichen Lieblingen, welche die Kaiserin seit ihrer Thronbesteigung 
nach einander beherrschten, war der gemeine, unverschämte Potemkin der mäch¬ 
tigste, welcher ohne Talente und Kenntnisse eines Feldherrn und Staatsmannes sich 
während 16 Jahren in der unumschränkten Beherrschung des Staates behauptete und 
Katharina in der Meinung zu erhalten wußte, daß er für ihre Sicherheit unent¬ 
behrlich sei. Er begann die Ausführung des großartigen, von Katharina II. mit 
Begeisterung ergriffenen Planes, die Türken aus Europa zu vertreiben, 
und ein neues griechisches oder orientalisches Kaiserthum zu stif¬ 
ten, mit der Einverleibung der seit dem letzten Frieden unabhängigen Krim in das 
russische Reich unter dem alten Namen Taurien. Dieses unter seiner willkührlichen 
und grausamen Verwaltung schnell verödete und entvölkerte Land wußte er seiner 
Kaiserin bei ihrer Reise durch das südliche Rußland durch die gröbste Täuschung 
als ein blühendes und glückliches darzustellen und erhielt von ihr den Beinamen 
der Taurier. 
Auf ihrer Reise durch die Krim war Katharina II. mit Joseph II. 
(zu Cherson) zusammengetroffen, woher die Pforte den Verdacht 
schöpfte, als sei hier eine Theilung des türkischen Reiches zwischen 
beiden Monarchen verabredet worden, und auf den Beistand anderer 
auf Rußlands Vergrößerung eifersüchtiger Mächte (England, Preu¬ 
ßen, Schweden) rechnend den Rnssen den Krieg erklärte. In diesem 
zweiten russisch-türkischen Kriege (1787—1792) erfochten die 
russischen Heere (unter Suwarow) in Verbindung mit den öster¬ 
reichischen zwei große Siege und eroberten mehrere wichtige Festun¬ 
gen, aber nach Joseph's II. Tode schloß Oesterreich Frieden, und 
Gustav III. von Schweden stel in das russische Finnland ein. Katha¬ 
rina beendete zwar bald den Krieg mit Schweden, gewährte aber 
nach Potemkin's Tode wegen Erschöpfung ihrer Mittel der Pforte 
einen billigen Frieden (zu Jassy) und begnügte sich mit dem Lande 
zwischen dem Bug und Dniestr.
	        
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