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Die ältesten Völker und Reiche.
glyphe) ist entweder der Name des Gegenstandes, den er darstellt z. B.
das Bild eines Hauses bezeichnet auch das Wort Haus; oder es bezeichnet
einen Gegenstand sinnbildlich z. B. ein Palmzweig das Jahr; oder es bezeich¬
net eine Sylbe, oder endlich einen Laut und ist also ein Buchstabe. Auf
Papyrus bediente man sich der hieratischen Schrift, welche die Schrift¬
bilder nur in deutlichen Umrissen zeichnet. Eine dritte Schrift, die sogenannte
d emo tische oder gemeine, deutet die Bilder nur an. Die Kunst zu
schreiben und zu lesen war im alten Aegypten jedenfalls schwer zuerlernen.
Bau- und Bildwerke.
§. 26. Die Pharaonen haben unter allen Großen der Erde die
gewaltigsten Bauten ausgeführt, und Aegypten enthält die ältesten
Denkmäler der menschlichen Kunst. Aus uralter Zeit, aus dem dritten
Jahrtausend vor Christus sind noch etwa 40 Pyramiden, alle weniger
oder mehr beschädigt erhalten. Sie finden sich sämmtlich in Mittelägypten
auf dem westlichen Felsenrücken, am Rande der Wüste und sind Köuigs-
gräber. Die größten stehen bei denk Dorfe Gizeh, auf einem Vorsprung
des Felsenrückens, 170 Fuß über dem Nil, der jetzigen Hauptstadt Aegyptens,
Kairo, gegenüber. Die nördliche und größte baute Pharao Cheops (ägypt.
Chufu) in 30 Jahren, indem er fortwährend 100,000 Männer im Frohn-
dienste arbeiten ließ, die je nach drei Monaten von andern 100,000 abgelöst
wurden. Sie war ursprünglich 480' hoch, jetzt noch 450'; jede Seite ihrer
quadratischen Grundfläche mißt 746', ihr Mauerwerk 82 Millionen Kubik-
fuß. Der Eingang ist auf der Nordseite, 49' hoch über dem Boden; ein
sehr enger aufsteigender Gang führt zu zwei sehr einfachen Grabkammern,
von denen die eine 140', die andere 120' über der Grundfläche liegt; eine
dritte Grabkammer findet sich im Felsen 102' tief unter der Grundfläche
der Pyramide.
Die thebäischen Pharaonen wählten ihre Grabstätten in den
Felsenwänden einer Schlucht des westlichen Bergrückens.- Ihre Gr Hb er
sind tief in den Felsen gebrochene Hallen, Gemächer und Säle,
die immer tiefer und tiefer hinabgehen. Das größte und schönste ist das
Grab des Pharao Seti I., das 350' tief in den Felsen dringt und überall
mit Malereien und Sculpturen prachtvoll verziert ist. Der Eingang eines
solchen Grabes wurde sorgfältig mit Steinen verschlossen, dennoch sind alle
bekannten Gräber (25 von Pharaonen, 15 von königlichen Frauen) längst
erbrochen und ausgeraubt wie die Grabkammern in den Pyramiden. Kein
besseres Schicksal hatten die Grabstätten der späteren Pharaonen in den
Tempeln.
Die Pharaonen errichteten sich kolossale Statuen, die vor den
Thoren der Tempel angebracht wurden; der Pharao ist immer auf dem
Throne sitzend dargestellt. Besonders liebte Pharao Ramses II. sich auf
diese Weise zu verherrlichen. Von ihm sieht man noch vier wohlerhaltene
Statuen vor dem Eingänge des Höhlentempels zu Abusimbel in
Oberägypten. Die Königsbilder und Thronsessel sind aus dem Sandstein
der Felsenwand gehauen; mit den Thronen messen die Bilder 70' Höhe;
das Gesicht des Königs ist 7' lang, ein Ohr 3V2', die Nase 2' 8", die
Schulterbreite mißt 27'.
Den thebäischen Pharaonen gehören auch die meisten Obelisken an;
dies sind aus einem einzigen Felsstück bestehende, viereckig zugehauene, sich
nach oben verjüngende, in eine pyramidale Spitze auslaufende Säulen, von