Contents: Oldenburgisches Quellenbuch

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Eine solche Nachricht, so unerwartet, erfüllte uns natürlich mit großer 
Freude. Die Franzosen sahen wahrscheinlich ein, daß sie uns — 
834 Mann — nicht ganz verhungern lassen durften, und selbst, durch unsere 
sie einschließenden Armeen, darauf angewiesen, möglichst lange mit ihren 
Lebensrnitteln auszukommen, schafften sie aus solche Weise viele Mit- 
esser weg. 
Gegen 9 Uhr abends, es fing an, dunkel zu werden, verließen wir 
unsere Kasematten; geführt von einem französischen Offizier und mit 
einem Parlamentär, gingen wir zum Tore hinaus. Viele von uns 
— auch ich — konnten uns kaum auf den Beinen halten und vorwärts 
kommen, jedoch wurde dies nach und nach besser. Einen herrlichen An¬ 
blick außerhalb der Tore gewährten die vielen kleinen französischen Biwack- 
feuer. Es war gegen 11 Uhr, als wir bei dem uns in Empfang 
nehmenden deutschen Offizier und Parlamentär ankamen. Wir mußten 
uns zu vieren anfassen und wurden so tut Marschieren gezählt und über¬ 
liefert. Ans der nun zurückzulegenden Chaussee mußten wir alle 
Arten Hindernisse, welche von den Deutschen gemacht, passieren, bald war 
die Chaussee gmtz durchstochen, bald lagen gekappte Bäume quer über 
die Straße it. s. w. Gegen 1 Uhr nachts kamen wir in einem Dorfe 
an, woselbst Halt gemacht wurde und wir uns lagern durften. Ans 
einer Scheune holten mir uns Stroh heraus, legten solches in einen 
Chausseegraben, und bald schliefen wir, übermüde und hungrig, ein. Am 
andern Morgen sahen wir, daß das nachts geholte Stroh noch garnicht 
gedroschen war. 
94. Die Fahrt Napoleons von Doncherl) zur belgischen Grenze. 
1870 Sept. 3, 
— Generalanzeiger für Oldenburg und Ostfriesland, 1895 Sept. 2. — 
(Rittmeister E. v. Trampe, ein geborener Oldenburger, der auch längere Zeit in 
Oldenburg in Garnison stand und Flügeladjutaut des Großherzogs war, schreibt in 
einem Briefe, datiert Epoge, 1870 Sept. 6, unter anderem folgendes:) 
Unser Regiment (1. Leibhusarenregiment Nr. 1, die sogenannten Toten- 
kopshusareu) biwackierte am 2. Sept. bei Donchery, und ich war gerade 
da, als der kriegsgesangene Korse, bleich und abgespannt, mit seinen 
Generälen erschien und demnächst in einem kleinem Dorfe vor Sedan 
Quartier bezog. Da Napoleon gebeten hatte, über Belgien reisen zu 
dürfen, um sich demnächst wieder an der Grenze bei Aachen als Kriegs¬ 
gefangener zu stellen, so erhielt unser Regiment den Auftrag, für den 
folgenden Tag die Eskorte bis zur belgischen Grenze zu geben. Eine 
starke Eskadron von 130 Pferden, lauter Schimmeln, wnrde aus dem 
Regiments zusammengestellt, und ich erhielt das Kommando. Trotz des 
schmutzigen Biwacks und des strömenden Regens hatten wir uns so blank 
wie möglich gemacht, und sah die Eskadron brillant aus. Am 3. meldete 
ich mich auf der Chaussee zwischen Donchery und Sedan beim General 
von Boyen, der den Kaiser begleiten sollte, und übernahm um 9 Uhr 
morgens den Kaiser und sein Gefolge. Derselbe saß im ersten Wagen
	        
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