Perikles und Phidias. 
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Besonders hat er 'das Verdienst, die Stadt Athen recht eigentlich 
verschönert, mit herrlichen Gebäuden und Bildsäulen bereichert 
und überhaupt den verfeinertsten Kunstgeschmack eingesührt zu 
haben. Darin wurde er aber ganz trefflich unterstützt durch den 
größten Baukünstler und Bildhauer, den Griechenland je gehabt, 
den Phidias. Dieser wurde nicht allein für Athen beschäftigt, 
sondern wo nur irgend ein schöner Tempel stand, wollte man von 
ihm eine Bildsäule gemacht haben. Unter ihm arbeitete eine Menge 
tüchtiger Künstler, aber alle verdunkelte er durch seinen Ruhm. Schade, 
daß wir von seinen Werken fast Nichts mehr übrig haben; schon die 
bloße Beschreibung derselben setzt uns jetzt noch in Erstaunen. Von 
den vorzüglichsten hier nur etwas! Bei dem Haine von Olympia 
hatten die dortigen Anwohner einen schönen Tempel gebaut, ein läng¬ 
liches Viereck, ringsum mit einem Säulengange umgeben, Alles von 
köstlichem, weißen Marmor. Für diesen Tempel, der dem Zeus 
geweiht war, sollte nun Phidias eine Bildsäule machen, und dies 
gelang ihm über alle Erwartung. Sein Zeus saß auf einem 
Throne und war von kolossaler Gestalt, etwa so hoch wie 11 
Männer übereinander. Der Körper war aus Elfenbein so künst¬ 
lich zusammengesetzt, daß man die Fugew nicht bemerken konnte. 
Auf dem Kopfe sah man eine goldene Krone; das Gewand war 
aus Gold und Figuren von Thieren und Blumen darauf gegra¬ 
ben; ebenso die Kopf- und Barthaare und die Sandalen. Der 
Thron bestand aus Gold, Elfenbein und Ebenholz. Auf den 
Seiten und auf dem Fnßgestell waren mehrere mythologische Vor¬ 
stellungen aufs künstlichste dargeftellt. In der einen Hand trug 
der Gott eine Siegesgöttin, in der andern einen goldenen Scep- 
ter. Aber das Bewunderungswürdigste war der Ausdruck des 
Gesichts, die stille Majestät, die auf der Stirne thronte und, 
nach den alten Berichten, Alles zur stillen Anbetung fortrieß. *) 
Der Künstler wurde, so erzählt man, als er sein Werk zum ersten 
Atale ganz fertig betrachtete, von der göttlichen Würde in den 
Gesichtszügen so ergriffen, daß er vergaß, daß es ein Bild und 
sein Bild sei, und anbetend auf die Kniee niedersank. — In Delphi 
stand ein herrlicher Apollo von ihm. In Athen selbst erbaute er ein 
großes rundes Gebäude, das Odeon, wo musikalische Wett¬ 
streite abgehalten wurden. Aber sein herrlichstes Werk war das 
*) S. meine Mytho logie für höhere Töchterschulen, S. 45, wo auch die 
verschiedenen Säulenordnungen erklärt sind.
	        
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