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Alte Geschichte. 4. Periode. Römer. 
schwärme heimgesucht. Das waren die Vandalen, ein ursprüng¬ 
lich deutsches Volk aus der Gegend von Pommern, welches aber 
nach vielen Wanderungen (durch Deutschland, Frankreich gmd 
Spanien) bis nach Afrika gekommen war (429) und nach einem 
zehnjährigen Eroberungskriege auf der Nordküste, wo ehemals 
das blühende Karthago lag, ein mächtiges Reich gegründet hatte. 
Diese Vandalen waren wilder und raubsüchtiger als alle andere 
Völker germanischer Abkunft und hatten noch dazu damals gerade 
einen König, dem das Verwüsten eine Lust war.. Er hieß Gei¬ 
se rich oder Genserich. Schon lange hatte er ein Auge auf 
Rom gehabt; da bekam er einen Brief von der Kaiserin End oxia, 
einem bösen, rachsüchtigen Weibe, die ihn einlud, nach Rom zu 
kommen und ihren jetzigen Mann vom Throne zu stoßen. Ihr 
erster Mann (Valentinian) war kurz vorher ermordet worden, 
und der Mörder (Maximus) hatte sie gezwungen, ihn zu hei- 
rathen. Sie aber dachte nur auf Rache, gleichviel ob sie selbst 
und das ganze Land dabei am meisten leide; und doch war sie 
eine Christin! Aber sie wurde dafür bestraft. Genserich erhob 
sich. Er schiffte mit einem Schwarme seiner Vandalen über das 
mittelländische Meer, erschien vor Rom und nahm es ein. Schon 
unter Alarich hatte die Stadt viel gelitten; aber gegen die jetzige 
Verwüstung waren die Gothen noch sehr säuberlich verfahren. 
Genserich ließ zwei Wochen lang nicht nur die Privatwohnungen 
ausplündern, sondern auch die Kirchen, Tempel und andere öffent¬ 
liche Gebäude ihrer Zierrathen berauben. Unter Anderm führte 
er das stark vergoldete Dach des Jupitertempels und die golde¬ 
nen Gefäße, die Titus aus dem Tempel von Jerusalem nach Rom 
gebracht hatte, mit sich fort, und — ein ganzes mit herrlichen 
Bildsäulen schwer beladenes Schiff ging im Meere unter, ehe es 
Afrika erreichte. Unter den vielen Gefangenen, die er mit fort¬ 
schleppte, war auch Eudoxia mit ihren zwei Töchtern. Nun sah 
sie zu spät mit herbem Schmerze die traurigen Folgen ihrer 
blinden Rachsucht. Die Vandalen hatten so arg gewirkhschaftet, 
daß man seitdem jede muthwillige Zerstörung Vandalismus nennt. 
Nur die christliche Religion gab die Kraft, die unendlichen Leiden 
zu ertragen, und einige fromme Geistliche thaten redlich das 
Ihrige, das Unglück zu mildern. So der edle Bischof Pauli¬ 
nus von Nola. Der Mann hatte Alles, was er besaß, hinge¬ 
geben, um davon Gefangene aus der Knechtschaft der Vandalen 
loszukaufen. Da kam eine weinende Wittwe zu ihm: ihr einziger
	        
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