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Das Reich der Cäsaren.
der anderen Seite erschien den Römern die Macht Marbods in Böhmen
und Mähren mit Recht für ihre Donauländer gefährlich, denn er sollte
70,000 Mann zu Fuß und 12,000 Reiter unter seinen Befehlen haben,
und wie leicht konnte er die anderen Stämme in seiner östlichen und
nördlichen Nachbarschaft zu einem Kriegszuge gegen die Römer aufrufen
und mit raublustigen Massen über die Donau und durch die norischen
Alpen bis Italien Vordringen! Darum erhielt Tiberius (6 n. Chr.) den
Auftrag mit zwölf Legionen gegen den Markomannen zu ziehen; aber
Böhmen und Mähren sollten nicht römisch werden, die vom Rheine in
das Herz Deutschlands vordringenden Römerheere sollten nicht durch
die Mitwirkung eines aus Böhmen hervorbrechenden Heeres unterstützt
werden. In den pannonischen Provinzen brach ein so furchtbarer Auf¬
stand gegen die Römer los, daß sich Tiberius durch einen Frieden mit
Marbod abfand und seine Macht gegen die Aufständischen wandte, die
ihn vollauf beschäftigten und nur durch großes Blutvergießen wieder zur
Fügsamkeit gezwungen werden konnten (6—9 n. Chr.).
Die Schlacht im Teutoburger Walde.
(7. und 8. September, 9 Jahre nach Christi Geburt.)
Den Oberbefehl am Rheine hatte Augustus nach dem Tode des
Drusus dem Ouintilius Varus übergeben, einem unkriegerischen Manne;
der Kaiser wollte vorerst nicht weiter erobern, sondern die unterworfe¬
nen Landschaften zwischen dem Rhein und der Weser organisieren und
civilisieren lassen. Also wurden Stationen für die Truppen angelegt
und befestigt und Heerstraßen gebaut; römische Richter entschieden zwi¬
schen Römern und Eingebornen, die römische Sprache verdrängte die
deutsche vor Gericht und auf dem Markte; die vornehmen jungen Leute
wurden nach Rom gezogen und dort der deutschen Rohheit entwöhnt,
die vornehme und geringe Jugend wurde für den römischen Dienst ge¬
worben oder geradezu ausgehoben. So waren die überrheinischen Deut¬
schen gutrömisch geworden, und auch diesseits des Rheines machte die
römische Civilisation schon große Fortschritte, als der edle Cherusker
Armin (Hermann) das ganze Werk vernichtete. Er war der Sohn
des Cheruskerfürsten Sigmar, hatte in dem römischen Heere als Haupt¬
mann der cheruskischen Hilfsschaar gedient und war von Augustus mit
der Ritterwürde geehrt worden. Im römischen Dienste hatte er die
Kriegskunst und die römische Arglist durchschaut; beide Waffen kehrte er
nun gegen die Römer selbst. Er verschwor sich mit Fürsten und Edlen,
welche gleich ihm die Römer haßten; auf das Volk durften sie sicher rechnen,
denn dieses war keineswegs so niederträchtig, um sich das Römisch¬
werden so leicht gefallen zu lassen. Varus wurde von Segest, einem