Full text: Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht ([Theil] 1)

336 
Das Reich der Cäsaren. 
der anderen Seite erschien den Römern die Macht Marbods in Böhmen 
und Mähren mit Recht für ihre Donauländer gefährlich, denn er sollte 
70,000 Mann zu Fuß und 12,000 Reiter unter seinen Befehlen haben, 
und wie leicht konnte er die anderen Stämme in seiner östlichen und 
nördlichen Nachbarschaft zu einem Kriegszuge gegen die Römer aufrufen 
und mit raublustigen Massen über die Donau und durch die norischen 
Alpen bis Italien Vordringen! Darum erhielt Tiberius (6 n. Chr.) den 
Auftrag mit zwölf Legionen gegen den Markomannen zu ziehen; aber 
Böhmen und Mähren sollten nicht römisch werden, die vom Rheine in 
das Herz Deutschlands vordringenden Römerheere sollten nicht durch 
die Mitwirkung eines aus Böhmen hervorbrechenden Heeres unterstützt 
werden. In den pannonischen Provinzen brach ein so furchtbarer Auf¬ 
stand gegen die Römer los, daß sich Tiberius durch einen Frieden mit 
Marbod abfand und seine Macht gegen die Aufständischen wandte, die 
ihn vollauf beschäftigten und nur durch großes Blutvergießen wieder zur 
Fügsamkeit gezwungen werden konnten (6—9 n. Chr.). 
Die Schlacht im Teutoburger Walde. 
(7. und 8. September, 9 Jahre nach Christi Geburt.) 
Den Oberbefehl am Rheine hatte Augustus nach dem Tode des 
Drusus dem Ouintilius Varus übergeben, einem unkriegerischen Manne; 
der Kaiser wollte vorerst nicht weiter erobern, sondern die unterworfe¬ 
nen Landschaften zwischen dem Rhein und der Weser organisieren und 
civilisieren lassen. Also wurden Stationen für die Truppen angelegt 
und befestigt und Heerstraßen gebaut; römische Richter entschieden zwi¬ 
schen Römern und Eingebornen, die römische Sprache verdrängte die 
deutsche vor Gericht und auf dem Markte; die vornehmen jungen Leute 
wurden nach Rom gezogen und dort der deutschen Rohheit entwöhnt, 
die vornehme und geringe Jugend wurde für den römischen Dienst ge¬ 
worben oder geradezu ausgehoben. So waren die überrheinischen Deut¬ 
schen gutrömisch geworden, und auch diesseits des Rheines machte die 
römische Civilisation schon große Fortschritte, als der edle Cherusker 
Armin (Hermann) das ganze Werk vernichtete. Er war der Sohn 
des Cheruskerfürsten Sigmar, hatte in dem römischen Heere als Haupt¬ 
mann der cheruskischen Hilfsschaar gedient und war von Augustus mit 
der Ritterwürde geehrt worden. Im römischen Dienste hatte er die 
Kriegskunst und die römische Arglist durchschaut; beide Waffen kehrte er 
nun gegen die Römer selbst. Er verschwor sich mit Fürsten und Edlen, 
welche gleich ihm die Römer haßten; auf das Volk durften sie sicher rechnen, 
denn dieses war keineswegs so niederträchtig, um sich das Römisch¬ 
werden so leicht gefallen zu lassen. Varus wurde von Segest, einem
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.