Full text: Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht ([Theil] 1)

Die Ungarn. Arpad. 
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getrieben; 973 blieb er gegen die Petschenegen, die vom Ural in die 
Steppen vom unteren Don bis zur unteren Donau vorgedrungen waren 
und die Ungarn westwärts getrieben hatten. Sein Sohn Wladimir I., 
der Große oder Apostelgleiche (973 — 1015), erkämpfte sich gegen seine 
Brüder die Alleinherrschaft, bekriegte das byzantinische Reich, schloß aber 
mit demselben Frieden und heirathete die griechische Prinzessin Anna; 
988 ließ er sich zu Kiew taufen und führte das Christenthum im ganzen 
Reiche ein. Er rief auch Gelehrte und Künstler herbei, baute Kirchen 
und Klöster, lebte aber wie ein türkischer Chan in Vielweiberei und be¬ 
wies dadurch, daß Rußland der Barbarei noch keineswegs entrissen war. 
Sein Reich war das größte in Europa; das germanische Element war 
aber bereits in dem slavischen aufgegangen, was daraus erhellt, daß 
Wladimir das Slowenische als allgemeine Kirchensprache einführte. Er 
theilte Rußland unter seine zwölf Söhne; der Großfürst Jaroslaw wie¬ 
derholte die Theilung 1054, und nun dauerte sie einige Jahrhunderte 
fort, was die russische Macht, die in ihren Anfängen so furchtbar aufge¬ 
treten war, dermaßen schwächte, daß sie auf die Geschicke Europas im 
Mittelalter keinen bedeutenden Einfluß mehr ausübte; auch die Keime 
der von Wladimir gepflanzten Bildung wurden noch im 12. Jahrhun¬ 
derte durch die Mongolen beinahe vernichtet. 
Die Ungarn. Arpad (888-9V7). 
Mit den Ungarn trafen die Russen unter Igor zusammen, der sie 
zurückwarf, worauf sie ihre Raubzüge fast ausschließlich gegen Westen 
richteten. Das finnisch-türkische Volk der Ungarn hatte sich allmälig am 
Ural herunter an den Dniepr in das Reich der Chazaren gezogen und 
wurde von den türkischen Petschenegen gedrängt, worauf es in sieben 
Stämmen, denen sich der fremde der Maghyaren, nach welchem sich das 
ganze Volk nannte, angeschlossen hatte, um die Mitte des 9. Jahrhun¬ 
derts in Pannonien einbrach, welches damals die Bulgaren beherrschten, 
und sich des ganzen Landes von der Raab bis zur Aluta bemächtigte. 
Sein König Arpad (die von ihm stammende Dynastie der Arpaden er¬ 
losch 1301) verband sich mit dem Kaiser Arnulf und zertrümmerte das 
großmährische Reich Swatopluks. Dadurch wurden die Ungarn die östlichen 
Nachbarn Deutschlands, und als sie nach Arnulfs Tode die herrschende 
Anarchie sahen, versuchten sie alsbald einen Naubzug, und als dieser 
vortrefflich gelang, kamen sie fast jedes Jahr regelmäßig wieder und 
verwüsteten Deutschland bis Bremen, Basel und Metz; ebenso wenig 
verschonten sie Oberitalien, wo sie 900 an der Brenta das Heer Be¬ 
rengars von Friaul aufrieben. Man nannte sie damals Hunnen, weil 
sie denselben an Wildheit und Häßlichkeit ungefähr gleich waren und 
wie jene nur zu Pferde fochten. Wie alle Wilden und Halbwilden be¬
	        
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