Full text: Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht ([Theil] 1)

Das byzantinische Reich. Die bilderstürmenden Kaiser. 103 
an den Thoren Europas und Asiens. Der griechische Kaiser gebot aber auch 
über die ganze Kraft seines Reichs und war dabei nicht von dem guten 
Willen der großen Lehenträger abhängig, wie die meisten abendländischen 
Herrscher; das Reich besaß eine geregelte Finanzverwaltung, einen Staats¬ 
schatz, daher verfügte der Kaiser über regelmäßige Reichseinkünfte und 
konnte Heere und Flotten ausrüsten und unterhalten. Die Mannschaft 
wurde zum größten Theil aus Barbaren geworben, -namentlich aus Sla- 
ven, welche sich im Reiche niedergelassen hatten; die Befehlshaber wa¬ 
ren dagegen meistens Griechen, welche oft genug bewiesen, daß die er¬ 
erbte römische Kriegskunst noch von keinem andern Volke erreicht war. 
Die Vertheidigung des Reiches und Konstantinopels wurde besonders 
durch die Lage am Meere erleichtert, und tüchtige Kaiser richteten deß- 
wegen auch ihr Hauptaugenmerk auf die Seemacht, indem sie mit Recht 
glaubten, Konstantinopel könne nicht fallen, so lange es das Meer frei 
habe. Diese Hauptfestung war damals zugleich der erste Handelsplatz der 
Welt; sie vermittelte den Verkehr zwischen Europa und Asien, und stand 
mit dem russischen Novgorod so gut in Verbindung als mit Italien, 
Frankreich und Deutschland. Auch der alte Gewerbfleiß hatte sich in 
den Städten erhalten und selbst die Barbaren fanden bald die griechi¬ 
schen Fabrikate so unentbehrlich, als heut zu Tage die vielnamigen In¬ 
dianer in Amerika und Neger in Afrika die englischen. Handel und 
Industrie waren deßwegen die Quellen, welche dem Staatsschätze die 
besten Zuflüsse gaben. 
Dem Kaiser Heraklius folgten einige unbedeutende Kaiser, bis 717 
Leo III. der Jsaurier, ein tüchtiger Feldherr, sich des Thrones be¬ 
mächtigte. Dieser schlug die Araber zurück, die Konstantinopel ein 
ganzes Jahr belagerten und dabei 100,000 Mann verloren haben sol¬ 
len, stürzte aber das Reich durch sein Verbot der Bilderverehrung in 
Verwirrung. Dazu sollen den Kaiser politische Rücksichten bewogen 
haben; der Koran verbietet jede bildliche Darstellung nicht nur Gottes 
und höherer Wesen, sondern überhaupt alles Lebendigen, daher die Mos¬ 
lemin überall gegen die Bilder, namentlich religiöse, wütheten. Zu 
Leo's Zeit ließ der Chalife Iezid (723) alle Bilder in den Kirchen der 
eroberten Provinzen zerstören, was den griechischen Kaiser auf den Ge¬ 
danken brachte, den mohammedanischen Fanatismus als den gefährlichsten 
Feind dadurch zu entwaffnen, daß in dem griechischen Reiche selbst alle 
heiligen Bilder weggeschafft würden. Dem ersten Befehle (726) folgte 
bald (730) ein noch viel strengerer, der Todesstrafe auf die Beibehal¬ 
tung von heiligen Bildern in Kirchen, auf öffentlichen Plätzen und selbst 
in Privathäusern setzte. Dagegen erhob sich Widerstand von Seite des 
Volks und der Geistlichen, die Päpste Gregor II. und III. verwiesen dem 
Kaiser seine Gewaltthätigkeit sehr strenge, indem sie ihm die katholische
	        
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