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Das heilige römische Reich deutscher Naüon.
zu sagen haben, wer der römische Kaiser, der Schutzherr der Stadt, sein
solle. Außerdem war aber die Krönung eine religiöse Handlung, eine
Weihe, und der Papst konnte nun doch wohl nicht gezwungen werden,
jedesmal den mächtigsten Herrn zu weihen, der mit Heeresmacht nach
Nom kam; so hätte auch Attila Kaiser werden können. Der Kaiser
sollte der oberste Schirmherr der Kirche sein; konnte nun das Oberhaupt
der Kirche gezwungen werden, jedesmal den Mächtigsten als Schirmherrn
anzuerkennen und zu weihen? Da war kein Ausweg; entweder aner¬
kannten die Kaiser das Recht des Papstes hinsichtlich der Krönung und
dann dursten sie sich an dem benekoium nicht stoßen, oder sie aner¬
kannten dieses Recht nicht und dann dursten sie auch die Krone nicht
von dem Papste empfangen, sondern mußten den Kaisertitel aus eigener
Macht annehmen und Zusehen, wie weit ihr Eisenrecht auf Weltherrschaft
reiche. Friedrich wollte weder das eine, noch das andere; die päpstliche
Weihe hatte in der Christenheit eine viel zu hohe Geltung, als daß er
derselben hätte entbehren können, und dazu war er ein gläubiger Christ,
aber seine Vorstellung von der kaiserlichen Macht war der Art, daß er
den Papst als derselben untergeordnet betrachtete: „wo das Schwert
des Kaisers hintrifft, da soll auch der Bann des Papstes hintreffen",
sagte Friedrich, oder mit anderen Worten: das kaiserliche Machtgebot
soll auch durch die Kirchengewalt unterstützt werden. Durch seine An¬
wendung des römischen Rechtes auf Italien, von wo es sich den Weg
nach Deutschland bald geöffnet hatte, durch die Unterordnung der Kirche
unter den Kaiser war Friedrich auf dem geraden Wege, die Despotie
der römischen Cäsaren wieder herzustellen. Im Jahre 1804 hat ein
Eroberer Italiens, der sich ebenfalls am liebsten mit Karln dem Großen
verglich, theilweise ausgeführt, was der Hohenstaufe wollte. Napoleon I.
nämlich machte sich durch seine Militärmacht zum Kaiser, ließ sich dann
durch den Papst krönen und nahm diesen (1809) gefangen, als er ihm nicht
Ln allem zu Willen sein wollte. Auf der Insel Helena erklärte er, daß
es sein Plan gewesen sei, dem Papste seinen Sitz in Paris und jährlich
drei Millionen Franken anzuweisen; so hätte Napoleon die Welt mit
seinen Kanonen beherrscht, und der Papst hätte seine Verordnungen mit
Bullen begleiten müssen, wie der Mufti den Ferman des türkischen Sul¬
tans mit seinem Fetfah. Ein einziger Herr hätte geboten über Gut
und Blut, über Religion und Gewiffen der Völker, denn Papst und
Bischöfe waren ja Geschöpfe und Werkzeuge des einen. Das sahen im
eilften und zwölften Jahrhunderte die erleuchtetsten Geister wohl ein,
wenn sie es auch nicht mit unseren Worten aussprachen, und darum
nahmen alle Partei gegen den Kaiser, obwohl sie ihn als einen großen
Regenten und Krieger anerkannten.
Der Tod bewahrte Adrian IV. vor einem vollständigen Bruche