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Perser und Griechen. Europas Sieg über Asien.
des alten Skythenlandes ebenso verschieden ist, als das Land von der
Vorsehung eine ganz andere Gestaltung erhalten hat. Die Halbinsel
reicht von dem schwarzen Meere bis an die Spitze des adriatischen, ist
durchgängig von dem Gebirgszuge begranzt und dieser auf eine weite
Strecke von dem Jster umsäumt, nach dessen Strombette aus tiefen
Querthälern die Flüsse des nördlichen Gebirgsabhanges eilen. Hier
wohnten zu Darius Zeiten Triballer, Skordisker und andere Thrakier,
von denen mehrere Stämme (Thrakier war ein Name für Völker ver¬
schiedener Abstammung) den Germanen angehörten. Gegen Süden zieht
von dem Hämus eine Reihe von Gebirgszweigen an das ägeische Meer,
welches den Hebrus, Nestus, Strymon und Arius aufnimmt, in tiefen
Meerbusen in das Land eindringt und mehrere Halbinseln bildet (Thra-
kischer Chersones und Chalkidike). In diesen Gebirgen und Thälern
hausten die Thrakier und vom Nestus an die Makedonier, ein illy¬
rischer Volksstamm. Den Namen Illyrikum behielt nur das Gebirgs-
land westlich von Makedonien, von welchem es durch den südlichen Ausläu¬
fer des Hämus getrennt wird. Die Illyrier wohnten in dem Gebirge bis
an die Küsten des adriatischen Meeres, das sie mit leichten und schnellen
Schiffen befuhren. In dem Pindus bildet das Gebirge einen Knoten,
von welchem hohe und steile Ketten gegen Osten und Westen auslaufen
und unter dem Namen der kambunischen Berge Makedonien von Thessalien,
als Pindus Thessalien von Epirus trennen, welches ohne bestimmte Grän¬
zen gegen Illyrien war. Thessalien und Epirus bildeten das nördliche
Griechenland; letzteres galt jedoch nicht immer als griechisches Land,
weil die Bevölkerung sich mit der illyrischen gemischt hatte. Nun gliedert
sich das Gebirge noch vielfacher, das Meer dringt in Busen und Buch¬
ten immer tiefer in das Land und in dem korinthischen und saronischen
Meerbusen nähert sich das adriatische Meer dem ägeischen auf % Stun¬
den. Die verschiedenen Landschaften von dem ambrakischen und malischen
Meerbusen bis zu dem korinthischen und saronischen wurden unter Mit¬
telgriechenland begriffen, das mit dem südlichen Theile, dem Peloponnese,
durch die Landenge des Isthmus zusammenhängt. Im Peloponnese steigt
das Gebirge, das sich im Isthmus kaum 2000 Fuß über die See erhebt,
fast über 7000 Fuß an und verzweigt sich abermals in vielen Ausläu¬
fern , während die See ihre Busen und Buchten gleichsam mit Eifer
wiederholt, so daß die Halbinsel die Form eines Weinblattes erhält. Sie
ist die Akropolis (Citadelle) von Griechenland, ohne welche dieses nicht
behauptet zu werden vermag.
Weil Griechenland von so vielen Gebirgsästen durchzogen und von
so vielen Meerbusen eingeschnitten ist, so sehen seine Bewohner fast von
allen höhern Bergen den Spiegel des Meeres glänzen; aus derselben
Ursache haben aber auch alle Flüsse einen kurzen Lauf, und nicht ein