86 Perser und Griechen. Europas Sieg über Asien.
stellung eines gesetzlichen Zustandes mit dieser Macht bekleidet worden,
daher man vielen den Titel „Bürgerkönig" geben könnte.
Die dorische Wanderung (1104 v. Ehr.).
Nach dem trojanischen Kriege und noch vor Homer, aus dem wir
die alten Könige kennen, erlitt Griechenland eine große Erschütterung
durch die Wanderung des dorischen Stammes. Die Thessalier rückten aus
Thesprotien in das von ihnen benannte Land ein und trieben die früheren
Herren nach Böotien, aus welchem die Minyer verdrängt wurden, die
nach verschiedenen Richtungen auswanderten. Erst nach oft wiederholtem
Angriffe bemeisterten sich die Dorer der Landschaften des Peloponneses
und drängten die Achäer an den nördlichen Küstenstrich, welcher von
jetzt an Achaja heißt; Arkadien verblieb durch seine natürlichen Schutz¬
wehren und die Tapferkeit seiner Bewohner seinen alten Eigenthümern.
Die dorische Besitznahme ging nur sehr langsam vor sich; die Eindring¬
linge besetzten in der Regel einen wohlgelegenen Punkt, befestigten den¬
selben und beunruhigten von da aus die Gegend, während die alten
Einwohner sich in ihren Festen hielten und dem Feinde Gleiches mit
Gleichem vergalten. Am Ende ermüdeten sie gegen die kriegerischen
Dorer, wanderten aus oder wurden tributpflichtige Unterthanen der
neuen Landesherren, viele wurden auch zu Leibeignen gemacht. Diese
dorische Eroberung des Peloponneses (1104 v. Ehr.) heißt der Herakliden-
zug, weil die dorischen Führer sich der Nachkommenschaft von Herakles
rühmten und von diesem Ahnherrn her Ansprüche auf den Besitz eines
Theiles der Halbinsel ableiteten. Die Dorer drangen aber aus dem
Peloponnese über den Isthmus vor und eroberten Megara; mit Noch
erwehrten sich die Ioner in Attika ihrer wiederholten Einfälle. Nach
der Sage verdankt Achen seine Errettung dem Opfertode seines Königs
Kodrus. Ein Orakel verhieß nämlich den Athenern Sieg, wenn ihr
König durch Feindeshand fälle; aber eben deßwegen verabredeten sich
die Dorer, des Königs Leben in der Schlacht zu schonen. Da verkleidete
sich Kodrus als Hirte, ging in das feindliche Lager und reizte
die Dorer so lange, bis sie den unverschämten Mann erschlugen. Als
hierauf die Athener den Leichnam ihres Königs durch einen Herold
zurückverlangten, erkannten die Dorer, es sei nicht der Götter Wille,
daß Attika dorisch werde und zogen ab (1067, nach anderer Zeitbestim¬
mung um mehr als 100 Jahre später).