90
1100—1517.
Das Nitterthum.
Aus der Verpflichtung der Vasallen zum Heerbanne und
Reiterdienste war frühzeitig ein Ritterstand hervorgegangen.
Die Ehre des Ritters bestand in einem unbefleckten Namen,
unerschütterlichem Muthe, und der Bereitwilligkeit zum Kampfe,
wo es galt die wehrlose Unschuld, die Kirche oder die Frauen
zu vertheidigen. Im Kriege bildeten die Ritter, in ihrer schweren
Bewaffnung zu Pferde, mit Helm, Panzer, Schild, Schwert und
Lanze den Kern des Heeres. Das Waffenhandiverk war die
einzigste und höchste Kunst, in welcher sie sich vom Knabenalter
an, bei Entbehrung und durch Dienen, übten, bis sic endlich
für würdig gehalten wurden, den ehrenvollen Ritterschlag zu
empfangen; sie übten sich in den Waffen, in ritterlicher Haltung
und Höflichkeit in den oft blutigen Kampfspielen der Turniere,
wo der Ritter, der Angesichts einer glänzenden Versammlung
von Königen, Fürsten und Herren sich als der tüchtigste und
kunstfertigste Kämpfer erwies, den Lohn des Siegers aus den
Händen der schönsten Dame erhielt. Das Ritterthum stand mit
dem christlichen Geiste der Kirche durch die Pflicht, sich des
Schwächeren gegen Rohheit und Uebermuth anzunehmen, in
Verbindung; allein die Bewegung der Kreuzzüge verursachte
eine noch engere Verbindung; denn zur Zeit der Kreuzzüge
entstanden besondere Ritterorden, die die Gelübde der Mönche
mit der Thätigkeit des Kriegers verbanden. Die bedeutendsten
dieser Orden waren: der Johanniterorden, der Tempel-
Her r e n o r d e n (1118) und der Orden der deutschen Ritter,
oder der Maria ritter (1190). Die Ritter legten das Gelübde
der Keuschheit, ' Armuth und des Gehorsams ab, und gelobten
ohnedies, stets für das Christenthum gegen die Ungläubigen zu
kämpfen. Der Ritterorden thcilte sich in kämpfende, pre¬
digende und dienende Brüder, die letzteren wieder in
Waffenbrüder, welche am Kampfe theilnahmen Hilft wf V
Handwerksbrüder. An der Spitze des Ordens stand ein
-