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1100—1517.
bald darauf die heilige Lanze aus der Erde hervor. Die Reli¬
quie wurde den versammelten Kreuzfahrern feierlich vorgczcigt,
und die Zuversicht, daß der Himmel ihnen beistehe, entflammte
den Muth Aller zur Begeistrung. Alle strömten in die Kirchen,
beichteten ihre Sünden und genossen das Sakrament des Altares.
Nach dieser heiligen Handlung segnete ein Bischof die Tapfern
und verfluchte die Feigen; das Heer zog in der Morgenstunde
aus, um Korboga zu überfallen; die Geistlichen stimmten den
kriegerischen Psalm an; „Herr Du erhebst Dich und Deine
Feinde werden zerstreut!" Das Heer antwortete im Chor:
„Gott will cs!"
Als Korboga die Schaaren der Kreuzfahrer aus der
Stadt hervorkommen sah, sagte er: „Laßt sie nur Alle kommen,
damit kein Einziger unsrem Schwerte entgehe!" Als die Heere
sich einander auf Bogcnschußweite genähert hatten, stürzten die
vordersten christlichen Abtheilungen sich mit Ungestüm in die Schlacht
und nach einem heftigen Widerstande floh der Feind; vergebens
suchte er sich auf den Bergen zu sammeln : die Kreuzfahrer stür¬
men den Berg hinauf, auch hier wurden die Türken zurückge¬
worfen, Korboga floh und kam erst hinter dem Euphrat
wieder zum Stehen; er hatte sein mit Lebensmitteln und Kost¬
barkeiten gefülltes Lager, als eine willkommene Beute, den Siegern
zurücklassen müssen. Auch die Burg in Antiochia übergab
sich, als die Bertheidiger die Niederlage ihrer Glaubensgenossen
sahen. Nun wurden feierliche Prozessionen eingestellt, die Kirchen
von der Schändung der Türken gereinigt, neue Kronleuchter,
Kreuze. Meßgewänder und heilige Bilder angeschafft, und mit
frommer Inbrunst dankten die blutigen Krieger Gott dafür, daß
er ihnen gestattet habe, seine Hciligthümer zu reinigen. Allein
Bohemund riß, zur Unzufriedenheit vieler Fürsten, die Herr¬
schaft in der Stadt an sich, und ließ sich Fürst von Antio-
chia nennen.