Full text: [Geschichte des Mittelalters] (Theil 2)

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Fürsten den Herzog Rudolf von Schwaben zum Könige erwählt 
hätten, ermannte er sich. Jetzt flog er nach Deutschland zurück; es gelang 
ihm, die Bürger in den schwäbischen Städten für sich zu gewinnen. Er 
entsetzte seinen Gegner Rudolf der Herzogswürde, vergab Schwaben 
an Friedrich von Hohenstaufen, dem er seine Tochter vermählte, 
und nachdem er in Eile ein Heer gerüstet, zog er männlichen Muthes 
seinem Feinde entgegen. Auf seiner Seite standen die Baiern und Franken, 
die Schwaben aber hielten zu Rudolf, den auch die Sachsen und Thü¬ 
ringer unterstützten. Es begann ein blutiger Bürgerkrieg, in welchem der 
Sieg lange unentschieden blieb. 
Gregor in Rom betrachtete die Vorgänge in Deutschland mit listiger 
Ueberlegung. Er hielt seine Entscheidung zurück bis zum Ausgang des 
Kampfes, um dann erst dem Sieger seine päpstliche Gnade zuzuwenden. 
Auf die falsche Kunde einer völligen Niederlage Heinrich's erklärte er sich 
für Rudolf, schleuderte abermals den Bannstrahl über Heinrich IV., 
bestätigte die Wahl Rudolf's und schickte demselben eine Krone mit 
den Worten: „Lasset, heilige Apostel, Peter und Paul, lasset die ganze 
Welt sehen, daß ihr im Himmel bindet und löset, aber auch auf Erden 
Königreiche und Fürstenthümer nehmen und geben könnet. Schon oft 
habt ihr Bischöfe und Patriarchen ihrer Würden beraubt, um sie Recht¬ 
schaffeneren zu verleihen. Könnt ihr also die Engel, welche über die 
stolzen Fürsten zu herrschen bestimmt sind, richten, wie viel mehr seid 
ihr Richter über die Knechte derselben!" 
Heinrich dagegen nahm alle Kräfte zusammen. Er versammelte in 
Mainz und Brixen eine Synode von mehreren ihm ergebenen Bischöfen, 
entsetzte den Papst auf's Neue seiner Würde, als einen gottlosen Ketzer, 
einen Zauberer und Friedensstörer, und wählte an seiner Stelle den 
Erzbischof von Ravenna unter dem Namen Clemens III. Darauf 
zog er, verstärkt durch ein lothringisches Heer, das der tapfere Herzog 
Gottfried von Bouillon anführte, gegen Rudolf von Schwaben. 
Bei Merseburg an der Saale kam es zur Schlacht, der Sieg war schon 
auf der Seite der Feinde, als Gottfried von Bouillon auf den Herzog 
Rudolf einstürmte und ihm mit einem gewaltigen Streiche die rechte 
Hand abhieb, so daß man ihn, der auch sonst schwer verwundet war, aus 
dem Getümmel tragen mußte. „Das ist die Hand, mit der ich dem 
Könige Treue geschworen habe!" sprach er im Niedersinken. Er starb 
bald darauf zu Merseburg und ließ seinem Gegner nun freien Raum für 
seine Rachepläne. 
Rudolf's Tod, den Viele für ein göttliches Entscheiden ansahen, 
brach die Partei der Gegner; ein großer Theil derselben ging zu König 
Heinrich über. Nun erst, vier Jahre nach der Demüthigung in Canossa, 
unternahm Heinrich den lange ersehnten Zug wider Gregor, dessen 
Lage nun nachgerade gefährlich ward. Dennoch war der stolze Mann 
weit entfernt, Nachgiebigkeit zu zeigen. Der Kamps zwischen ihm und dem 
9 es er's Weltgeschichte. II 5. Ausl. 13
	        
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