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Militär- und Civilbeamten, deren Verhältnisse in Rang und Gehalt aus
das Strengste geordnet waren. Es wurden eine Menge Bezeichnungen
und Titel eingeführt, die zur Erhöhung des Glanzes der Majestät dienen
sollten und deren viele sich bis auf unsere Zeiten erhalten haben. Schon
damals gab es Erlauchte, Hochachtbare, und man redete die Würdenträger
an mit: Eure Excellenz, Eminenz, durchlauchtigste Hoheit u. s. w. Zum
Sitz des neuen Kaiserreiches machte Constantin das alte Byzanz, das er
mit großer Pracht herstellte und Neu-Rom nannte, das aber später nach
ihm den Namen Constantinopel erhielt. Hier umgab er sich mit einem
Senate und einer großen Menge vornehmer Hofbeamten in der vollen
Pracht einer orientalischen Hofhaltung. Das Ziel war erreicht, wonach
die römischen Herrscher so lange gestrebt hatten, und eine vollständige Des¬
potie errichtet, wie Europa sie noch nie gekannt hatte.
Auf der anderen Seite ward nicht minder durch die Einführung der
christlichen Religion als Staatsreligion eine neue Epoche in der europäi¬
schen Staatengeschichte eröffnet. Constantin selbst trat zum Christenthnme
über. Die gesetzlichen Bestimmungen und Einrichtungen, die bisher drückend
für die Christen waren, waren schon früher außer Kraft gesetzt. Jetzt be¬
freite er den Klerus von allen lästigen Verbindlichkeiten, gestattete Ver¬
mächtnisse an die Kirchen, verordnte die allgemeine Feier des Sonntags
(seit 321) als den eigentlich gottesdienstlichen Tag, gewährte den Geist¬
lichen reiche Einkünfte (den afrikanischen Geistlichen schenkte er über 70,000
Thaler unseres Geldes zum Unterhalte) und bemühte sich überhaupt, das
Ansehen des geistlichen Standes zu heben. Die prächtigen Tempel der
alten heidnischen Götter wurden theilweise zu Versammlungen der Ge¬
meinde eingeräumt, die Götterstatuen in Standbilder Jesu und seiner
Apostel verwandelt.
Jndeß war Constantin's Neigung für das Christenthum nicht eine
vom Gemüth ausgehende, sondern einzig und allein durch seine politische
Meinung bedingt. Weder er selbst, noch sein Hof waren im Mindesten
gewillt, der christlichen Lehre einen reinigenden Einfluß auf Leben und
Sitte zu gestatten. Während die alte Kaiserin Helena, des Constantius
erste Gemahlin, die dieser bei seiner Erhebung ihrer dunkeln Geburt wegen
verstieß, am Grabe des Erlösers in frommer Andacht weilte und an der
Todesstätte des Heilandes selbst das Kreuz gefunden haben wollte, an
welchem der Sohn Gottes sein Leben endigte, befleckte sich ihr mäch¬
tiger Sohn auf dem kaiserlichen Throne mit verwerflicher Grausamkeit.
Um seine Herrschaft zu befestigen, ließ er seinen Schwager Li ein ins in
Thessalonich vergiften*), seinen Sohn Crispus, aus Neid um die ihm
zuströmende Volksgunst, auf bloße Verleumdung hinrichten; dasselbe Schicksal
*) Uebrigens ein wohl verdientes Schicksal, und wäre es nur uni der unglückli¬
chen Gemablin und Tochter des Diocletian willen, die Licinins unschuldig hinrichten
ließ, ohne daß es dem alten, in Salona lebenden Kaiser gelungen wäre, sie zu retten.