Full text: [Geschichte des Alterthums] (Theil 1)

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Spartaner, voll Achtung für den kühnen Gegner, öffneten ihre Reihen und 
ließen ihn mit seiner Schaar unberührt hindurchgehen. Die Abziehenden 
fanden zuerst gastfreie Aufnahme in Arkadien; dann setzten sie, durch zahl¬ 
reiche Zuzüge aus den Seestädten Phlos und Methone verstärkt, über d^s 
jonische Meer und bemächtigten sich, von Rhegion aus, der gegenüber lie¬ 
genden sicilischen Stadt Zankle, welcher sie mit den dorischen Sitten auch 
den heimischen Namen Messana verliehen. Die Burg Jra ward der Erde 
gleich gemacht, die zurückbleibende Bevölkerung theilweise zu dem traurigen 
Schicksal der Heloten verdammt, theilweise als Periöken in den alten 
Wohnsitzen gelassen. Daß von jetzt an ein unversöhnlicher Haß zwischen 
den beiden Völkerschaften bestand, ist begreiflich. Nach den Perserkriegen 
erfolgte ein abermaliger zehnjähriger Krieg, der nicht günstiger für die 
Messenier endigte, als die beiden ersten, bis erst hundert Jahre später 
Epaminoudas das unterdrückte Volk zur Freiheit ries und das neue 
Messene gegründet wurde. 
8. 4. Solon (592 ü. Chr,). 
Während sich in Sparta die Kraft eines opferfähigen Gemeinsinnes 
mit der ganzen rauhen Gewaltthätigkeit des dorischen Wesens ausprägte, 
während die jonischen Stämme an der kleinasiatischen Küste, in der reiz¬ 
baren Feinheit ihrer Natur, einer allzu großen Genußfähigkeit auf Kosten 
der selbstständigen Entwickelung anheim fielen, fand sich die richtige Ver¬ 
schmelzung von ritterlicher Kraft, Bürgersinn und feinem Gefühle für das 
Schöne, menschlich Liebenswürdige, in dem Mittelpunkte des attischen Lan¬ 
des, in Athen. „Den Athenern war es Vorbehalten, Alles, was von 
höherer und edlerer Bildung unter den Griechen beider Stämme vorhan¬ 
den war, nicht nur bei sich aufzuuehmen, zu hegen und zu pflegen, son¬ 
dern auch weiter zu führen, und zum höchsten Gipfel zu erheben, den zu 
erreichen überhaupt dem griechischen Volke beschieden war." Die Dichter 
nannten Athen das veilchenbekränzte, nach dem Stammnamen seiner Be¬ 
wohner*), „den Schmuck und das Auge von Griechenland, das Hellas im 
Hellas." Freilich sind auch hier die glänzenden Lichtseiten durch düstere 
Schatten schmerzlich getrübt. Die Blüthe war sehr kurz, die Zeit des 
Verfalles lang und traurig. Was anfänglich zum menschlich Edelsten und 
Schönsten führen sollte, das mußte sich nur zu bald zum Verderben wenden. 
. Das attische Land war kein fruchtgesegnetes; es hieß die felsige At¬ 
tika; und der dürftig bewässerte Boden erzeugte nicht so viel Getreide, als 
für das Bedürfniß einer zahlreichen Bevölkerung zureichend war; nur an 
*) Unser Veilchen heißt im Griechischen Jon und war die Lieblingöblume der 
alten Athener.
	        
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