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Willen der andern Heerführer heimlich des Nachts bewerkstelligen wollte,
als die Perser das Weichen des griechischen Heeres bemerkten und nach¬
setzten. „Sind das die Helden von Sparta, 'die stets als die tapfersten
Männer gepriesen wurden?" sprach höhnend Mardonius. Von den auf
dem Marsch zerstreuten Griechen wurden zuerst die Spartaner und Te-
geaten durch die leichte persische Reiterei eingeholt. Mit ihren geflochtenen
Schilden bildete die hellenische Schaar sich eine Schutzwehr gleich einer
hölzernen Mauer. Erschöpft von dem nächtlichen Marsch, von den Bun¬
desgenossen entfernt, siegte die alte spartanische Tapferkeit dennoch in dem
Kampfe Mann gegen Mann. Der persische Oberfeldherr, ans seinem statt¬
lichen weißen Streitroß voransprengend, sank, durch einen Steinwurf ge¬
troffen, vom Pferde und fand im Getümmel den Tod. Neben ihm fielen
seine Getreuen, tausend auserlesene Reiter; die Reihen des Fußvolkes lösten
sich in wilder Flucht, und mit Hülfe der indeß herbeigekommenen Athener
wurde das persische Lager erstürmt. An demselben Tage ward auf der
kleinasiatischen Küste der Sieg bei Mhkale über die gelandete persische
Flottenmannschaft erfochten. Es war dies der Beginn für die Befreiung
der griechischen Provinzen in Asien, um welche noch einige Jahre nachher
mit abwechselndem Glücke auf asiatischem Boden gekämpft wurde.
In Athen war Themistokles allenthalben zur Hand, für die Macht
und Größe des Staates zu sorgen, nicht minder auch für seinen eigenen
Reichthum, wie seine Feinde behaupten wollten. Das undankbare, auf
seine Freiheit eifersüchtige Athen, das seine Männer nicht besser als mit
dem Scherbengerichte zu belohnen wußte, bereitete seinem zweiten Retter
ein gleiches Schicksal wie dem Miltiades. Themistotles ward verbannt,
dann, als er in der Stille zu Argos lebte, wegen Bestechung und Ein¬
verständnisses mit den Persern angeklagt. Durch eine gefahrvolle und
abenteuerliche Flucht entging er der Verhaftung und beschloß sein
Leben in Magnesia auf der jonischen Küste, hochgeehrt von Xerxes' Sohne,
Artaxerpes, und reich mit irdischen Gütern gesegnet. Man erzählte, daß
er sich selbst durch rasches Gift den Tod gegeben, als Artaxerxes an einen
neuen Zug nach Hellas dachte und ihn zu Rath und Hülse herbeizog.
8- 4. Aristides. Cimon.
Die Zeit, welche unmittelbar auf die persischen Kriege folgte, war
nichts weniger als friedlich. Die aufgeregten Gemüther, welche durch die
augenblickliche Gefahr sich nothdürftig vereinigt hatten, wendeten sich feind¬
lich gegeneinander, sowie die zwingende Nothwendigkeit der gemeinsamen
Vertheidigung aufhörte. Das, was die Griechen so groß gemacht, der
Trieb nach selbstständiger Entwickelung, das mußte in diesem vielgeglie¬
derten Organismus die nachtheiligsten Folgen üben, sowie einer der kleinen
Staaten zu besonderer Macht und Größe sich emporzuschwingen suchte