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befand sich eine junge Fürstin, deren außerordentliche Schönheit den ritter¬
lichen Helden selbst nicht gleichgültig ließ. Als er jedoch vernahm, sie sei
verlobt, übergab er die Jungfrau ihrem Vater und Bräutigam und be¬
stimmte das ihm dargebotene reiche Lösegeld zum Brautschatz der durch
ihu so glücklich Vereinigten, mit dem Wunsche, „sie zu Freunden der Rö¬
mer zu machen." Solche Züge gewannen dem Helden mehr Siege, als
viele blutige Schlachten. „Ein Held, ein Gott ist zu uns gekommen, schön
und herrlich an Körper und Seele," so hieß es allenthalben, und willig
öffneten sich ihm die Thore der Städte. Durch eine kühne und geheime
Reise nach Afrika wußte er ein Bündniß mit den numidischen Königen
Syphax und Masinissa zu Stande zu bringen, von denen der Erstere
jedoch von den Karthagern durch die Hand von Hasdrubals schöner Toch¬
ter, Sophonisbe, der früheren Verlobten Masinissa's, wieder gewonnen
ward, während der Letztere aus Rache über den Verlust seiner Geliebten
desto enger den Römern sich anschloß.
Zum Lohn seiner großen Verdienste wurde Seipio bei seiner Rückkehr
nach Rom, und zwar in seinem 28. Jahre, zum Konsul erwählt, eine
Würde, welche gewöhnlich vor dem 43. Jahre nicht ertheilt ward.
Jetzt reifte in ihm der Plan, durch einen entscheidenden Schlag den
Krieg in Afrika selbst zu beendigen. Als der behutsame Senat diesen küh¬
nen Vorschlag nicht sogleich billigen wollte, eröffnete Seipio, von der be¬
geisterten Volksgunst zu den höchsten Unternehmungen getragen, in Sicilien
ein Werbelager. Die meisten Städte Italiens lieferten Beiträge an Geld,
Material und Mannschaft, und im Frühling 204 v. Ehr. setzte er mit
einem wohlgerüsteten Heere über das Mittelmeer und landete in Afrika.
Mit Hülfe des indeß von Syphax aus seinem Reiche vertriebenen Masi¬
nissa steckten die Römer das aus Schilf- und Strohhütten bestehende Lager
der Karthager unweit Utiea in Brand und brachten dem verwirrten Feind
eine große Niederlage bei. Syphax wurde gefangen und seine Hauptstadt
Cirta von Masinissa eingenommen. Hier kam dem Sieger, so erzählt
die Geschichte, Sophonisbe im Vorhof der königlichen Burg entgegen, fiel
ihm weinend zu Füßen mit flehentlichen Bitten, sie nicht an die Römer
auszuliefern. Ihre Schönheit und ihre Thränen erweckten in seinem Herzen
die alte Neigung. Um sie vor der römischen Gefangenschaft zu schützen,
vermählte er sich mit ihr zur Stelle. Seipio aber, ihm seine „unmänn¬
liche Schwäche" verweisend, forderte die Auslieferung von Hasdrubals
Tochter, Syphaxs Gemahlin, der „ewigen Feindin der Römer durch Ge-
sinnung uud Blutsverwandtschaft." Um sie vor der Gefangennehmung
zu retten, schickte Masinissa selbst der Sophonisbe den Giftbecher. „Gerne",
ließ er ihr sagen, „würde ich dir das erste Versprechen, wie ein Gatte der
Gattin, gehalten haben; da aber diejenigen es anders wollten, denen ich
mich fügen muß, so will ich das zweite Versprechen halten, und lebendig
sollst du nicht in die Gewalt der Römer kommen. Eingedenk deines Va¬
ters, eines Feldherrn, eingedenk des Vaterlandes unv zweier Könige, deren