Full text: Abriß der deutschen Geschichte

und auf dem Concilium zu Clermont in Frankreich 
kam im I. 1O95 durch die Vorbereitung eines fran¬ 
zösischen Eremitens, Peter, von Amiens gebürtig, 
die Ausführung der Kreuzzüge wirklich zu Stand. 
Dieser Peter brachte nicht nur ein klägliches Schrei¬ 
ben des Patriarchs von Jerusalem mit, sondern ver¬ 
sicherte anbey, daß zu Jerusalem Christus selbst münd¬ 
lich mit ihm gesprochen, und ihm befohlen habe, dem 
Pabst zu bedeuten, daß dieser die ganze Christenheit 
auffodern, dagegen aber das Himmelreich empfangen 
sollte. Alle Welt glaubte daran, oder ( denn die Sa¬ 
che war dem Geist damaliger Zeiten zu angemessen ) 
wollte daran glauben. Es gab damals, bey einem 
allgemeinen Mangel an einer guten Pvlizeyordnung, 
häufig allgemeine Hungersnöthen, und Seuchen, wel¬ 
che die Menschen zu tausenden hinrafteu; diese, und 
ähnliche Drangsalen, nebst den ewigen Fehden, hatten 
schon um die Mitte des loten Jahrhunderts allgemein 
den Glauben verbreitet, daß der jüngste Tag nicht 
mehr ferne, ja daß derselbe wirklich im Anzug sey. 
Man bildete sich ein, verschiedne schreckliche Zeichen, 
Schwerter, freudige Streitroße u. d. gl. am Firma¬ 
ment , und alle Elemente verändert zu sehen. Die 
Adelichen verschenkten häufig, für die Lösung ihrer 
Seele, ihre Güter an Kloster, mit der Vorausse¬ 
tzung, in ihren Stiftbriefen: „Da nunmehr das 
Ende der Welt naht, und da verschiedne Landplagen 
und Gerichte, als Zeichen seiner Annäherung, sich of¬ 
fenbar zeigen u. s. w» " Das ganze abendländische 
Europa wurde wie in seinem Innersten aufgelößt. 
Fürsten und ^ Bischöfe, Aebte, Pfarrer, Mönche, 
Nonnen, Bürger und Bauern verließen ihre Staaten, 
Gemeinden, Klöster, Städte und Felder, hefteten 
auf ihre Schulter ein Kreuz, und umgürteten sich mit 
einem Schwert. Die heiligsten Verbindungen galten 
nichts mehr, und jedem stund frey, mit zu wandern, 
wann, und mit wem er wollte. Die deutschen Für¬ 
sten nahmen indeß erst dann einen recht ernstlichen 
Anrheil, als sie hörten, daß im I. ioqq. unter An- 
füh-
	        
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