Dritter Zeitraum.
Bon der französischen Revolution bis zur Gegenwart.
I. Das Zeitalter der Revolution und Napoleons I.
1789—1815.
Überblick.
Die zunächst zur Hebung der finanziellen Schwierigkeiten Frankreichs
berufenen Vertreter des französischen Volkes hatten sich die Befugnis ange¬
eignet, dem Lande eine Verfassung nach neuen Grundsätzen zu geben. Indem
der König sich dieser Bewegung weder anzuschließen vermochte noch derselben
offen und kräftig entgegenzutreten wagte, ging er selbst unter und es folgte
eine Herrschaft der republikanischen Schreckensmänner. Die französische Republik
konnte sich in dem doppelten Kampfe mit den widerstrebenden Elementen im
Innern und mit dem übrigen Europa, das sich zur Wiederherstellung der
alten Ordnung wiederholt in großen Bündnissen zusammenschloß, nur mit
Mühe behaupten, bis sich Napoleon Bonaparte zum Meister Frankreichs
machte (1799). Seine Erfolge im Krieg sowie seine überlegene, rücksichtslose
Staatskunst verschafften ihm eine seit Karl d. Gr. nicht mehr gekannte Macht¬
stellung in Europa. Das bisherige Gleichgewicht zwischen den Großmächten
wurde zerstört; namentlich gerieten das in sich uneinige Deutschland und das
in Einzelherrschaften zerfallene Italien in Abhängigkeit von Frankreich; das
mehrmals besiegte Rußland vertrug sich vorläufig mit dem Eroberer, nur
England behauptete (wie unter Wilhelm III. in den Zeiten Ludwigs XIV.)
eine selbständige Stellung. Aber durch die Erhebung der Spanier sowie
durch das Fehlschlagen des russischen Feldzuges wurde Napoleons Macht er¬
schüttert; sie erlag endgültig, als das in der Zeit der Unterdrückung innerlich
erstarkte Deutschland sich mit Rußland und England zur Befreiung Europas
verband. Nach einer 22jährigen Kriegszeit wurden auf dem Kongreß zu
Wien die Besitzverhältniffe in Europa neu geordnet. Ein nochmaliger Ver¬
such Napoleons, seine Herrschaft zu erneuern, mißlang.