Full text: Allgemeine Weltgeschichte für die Jugend

* 
196 Zweiter Zeitraum. 
ihn für unwürdig, Mitglied der christlichen Kirche zu 
zu seyn, und die kirchlichen Rechte zu genießen. Die¬ 
ser Wille des geistlichen Obern wurde strenge befolgt; 
nicht, weil die gutmüthigen Deutschen den Pabst so 
sehr verehrten, sondern weil Heinrich durch unnöthige, 
thörichte und ungerechte Härte und Hoffahrt sie ge¬ 
krankt hatte. Deshalb freute man sich dieses Vor- 
wandes, ihm den Gehorsam aufzusagen. Und nun 
kam es dahin, daß Heinrich unter tausend Gefahren 
und Beschwerden nach Rom reisen, und dort im Vor¬ 
hofe der pabstlichen Burg, unter freiem Himmel, im 
Gewände eines Büßenden — barfuß, mit entblößtem 
Haupte und in einem groben wollenen Hemde — drei 
Lage und drei Nächte auf die Vergebung des Pabstes 
harren mußte. Am vierten Tage endlich sprach ihn 
der Priester vom Banne los; dagegen mußte er gelo¬ 
ben, sich der Ausübung aller königlichen Gewalt so 
lange zu enthalten, bis es auf einem Reichstage ent¬ 
schieden worden sey, ob er deutscher König bleiben 
werde oder nicht. Sehet Ihr, zu welcher furchtbaren 
Höhe jetzt schon die Macht der Geistlichkeit gestiegen ist! 
Und diese Demüthigung Heinrichs war nicht der 
einzige Beweis des geistlichen Einflusses, man sah deren 
noch weit mehr. Auch die Kriege, welche Heinrich IV. 
hernach führen mußte, waren das Werk des Pabstes; auch 
die innere Unruhe, der unselige Zwiespalt im Reiche 
und immerwährendes Unglück entstand durch das Auf¬ 
hetzen der Pabste; ja, daß seine Söhne sich gegen ihn 
empörten, und einer derselben (Heinrich V.) ihn um 
die Krone brachte, war auch ein Kunststück des Pab¬ 
stes, wie er damals war. Wenn ich früher sagte: ich 
müßte Euch durch das Dunkel des Mtelalters führen;
	        
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