223 / Zweiter Zeitraum.
de der Christenheit, und suchte sie von der Erde zu ver¬
tilgen. Unter dem grausamen Pabste Innocenz HI.
befand sich im iZten Jahrhundert im südlichen Frank¬
reich eine solche Secte, welche nach der Stadt Al bi
(in der Grafschaft Toulouse).die Albigenser genannt
wurden, und die in einigen Sätzen sich von der herr¬
schenden Kirche trennten. Sie meinten unter andern,
der Pabst sey nicht mehr als ein anderer Bischof; die
Lehre vom Fegefeuer enthalte eine Unwahrheit, erson¬
nen von habsüchtigen Geistlichen; die Heiligen dürfte
man nicht neben Gott stellen; in der Bibel siehe nicht,
daß man Gott durch Messen versöhnen oder verehren
solle- Ihr könnet wol denken, wie es ihnen ging- Der
Pabst wüthete, der Pöbel freute sich der Gelegenheit,
die Menschlichkeit einmal abwerfen zu können; die Für¬
sten unterstützten den herrschenden Pabst, und die Al¬
bigenser und ihre Vertheidiger wurden im Jahre
1206 fast alle erschlagen; wer Gelegenheit fand,zu ent¬
fliehen, und so wenigstens das Leben zu retten, konnte
von Glück sagen.
Die Waldenser und die Wiklefiten.
Eine andere Gesellschaft, die Waldenser, (auch
die guten Leute genannt), wohnhaft in Frankreich,
welche sich strenge an die Bibel hielt, kehrte sich aber
nicht an das traurige Schicksal derselben, und lebte
still und fromm nach der neuen Lehre; aber zum Un¬
glück wurde ein reicher Kaufmann aus Lyon, Peter
Waldus, Mitglied der zahlreichen Gesellschaft. Nun
wurde man aufmerksam auf das Thun und Treiben der
Ketzer. Die Folge war, daß alle bekannte Waldenser
todtgeschlagen oder verbrannt wurden. Waldus selbst