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Liveitcs HaupLsLück.
Die Zeit der Karolinger.
(814-992.)
^9?it dem Tode Karls des Großen beginnt sogleich
anch der Verfall seines Reiches. Denn nicht leicht folgte
einem größer» Vater ein minder fähiger Sohn: Lud¬
wig der Fromme taugte mehr zum Mönche als zum
Herrscher; seine Güte war Schwäche, und bei dem be¬
sten Willen hatte Alles, was er unternahm, den entge¬
gengesetzten Erfolg, weil ihm durchaus die feste Haltung
fehlte, wodurch seine vier großen Vorgänger sich ausge¬
zeichnet hatten. In Aquitanien erzogen, konnte er
nie, weder in die deutsche und nordfranzöstsche Wildheit,
noch in die italiänische Ausgelassenheit sich finden. Durch
halbe Maßregeln lahmte er den ganzen Rcichsmcchanis-
mus; die Missi Dominici machte er zu pcrpctuirlichen
Beamten, und entzog somit dem Volke den Schutz, wel¬
chen diese Einrichtung nach Kaiser Karls Willen hatte
gewähren sollen; die Hcerbaunspflichtigkeit wurde gemil¬
dert, ohne Erleichterung für das Volk, — denn die Grasen
riefen nichtsdestoweniger auf, wen sie wollten; die Erb¬
lichkeit der Beneficialgüter begünstigte er durch ausseror¬
dentliche Begnadigungen, die Domänen verschleuderte er
an Geistliche und Weltliche. Wie alte schwachen Men¬
schen war er im höchsten Grade mißtrauisch; und eben-
deßwegen mußten die alten erfahrnen Räthe seines Va-
Bauer's Gesch. II. Bd. 26