Wkcklkffe und das Concil von Pisa.
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es auch, daß Tausende in dem, was man Christenthum
und Gottesdienst nannte, keine Befriedigung fanden, daß
Sekten und Ketzer sich mehrten, daß die Waldenser nicht
nur in Piemont fvrtdauertcn, sondern in den Reichsstäd¬
ten und in ganz Westeuropa ihre Verzweigungen hatten;
daß die Brüder und Schwestern des freien Geistes, deren
Hauptsitz Köln war, daß die Begharden oder harten und
strengen Beter, deren weibliche Mitglieder Begunien hie¬
ßen, sammt den Lotlharden und andern Sektirern, durch
die Kirche verfolgt und gequält, im Märtyrertode ihre
Palme suchten. Und gleichwohl kam der zeitgemäße Vor¬
schlag eines rcformirenden Cvncilö, den schon 1398 die
oxfvrder, den 1406 mit noch größerm Nachdrucke die pa¬
riser Universität gemacht hatte, keineswegs so schnell in
Ausführung; denn da eben die Nachricht einlief, Jnno-
cenz VH. sey am 6. Nov. gestorben, so hoffte man, die
römischen Kardinäle werden mit der Wahl einhalten, bis
Benedikt sich entschieden erklärt habe; allein sie Unter¬
zeichneten blos eine Schrift, daß der Gewählte sogleich,,
gegen alle Fürsten und gegen Benedikt, falls dieser auch
zurücktrcten wolle, seine Bereitwilligkeit abzudanken er¬
klären werde, und setzten dann, aus Besvrgniß vor den
Ränken des Gegenpabstes, unverweilt dem 80jährigen
Venetianer Angelo Corraro als Gregor XII. die drei¬
fache Krone auf. Gregor that, was er versprochen hatte;
Benedikt drang wie früher auf eine Unterredung; man
stritt hin und her: endlich kamen die Kardinäle überein,
daß die Zusammenkunft in Savona Statt haben solle.
Da erhoben sich neue, unerwartete Schwierigkeiten; denn
der neapolitanische König, Karls des Kleinen Sohn La¬
dislaus, welcher geraume Zeit mit Ludwig von An-
j v u, dem Sohne des 1384 verstorbnen ersten Ludwig, dem
Erben der Provence, hatte kämpfen und Ungarn, wo
er 1403 durch den Erzbischoff von Gran gekrönt, wor¬
den war, ein Jahr später wegen Unruhen in Neapel
hatte aufgeben müssen, arbeitete sofort daran, Italien
zu erobern und die Kaiserkrone zu gewinnen, worauf