Viertes Hauptstück.
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knieend für sein Glück und gelobte, es zu benützen, um
Freunde zu belohneu, Feinden zu verzeihen und den Frie¬
den innerhalb der Christenheit hcrzustellen. Franz, durch
den Grafen Alarcon nach Madrid gebracht und daselbst
in gefänglicher Haft gehalten, schrieb seiner Mutter:
„Alles ist verloren, nur nicht das Leben und die Ehre."
Und in der That fühlte sich der Kaiser durch die Besorg,
niß, daß irgend ein Zwischenfall den Vollgenuß der Sie-
gesfrüchte schmälern möchte, schon den 14. Januar 1526
zu einem Vertrage bewogen, demgemäß Franz allen An¬
sprüchen auf Italien, sowie der Souverainetät über Flan¬
dern und Artois entsagte, das Herzogthum Burgund ab¬
trat, seine ältesten Söhne als Geisset anbot, und des Kai¬
sers Schwester Elevnora heirathete. Uebrigens den Ver¬
trag nur als ein Mittel betrachtend, um ans der Gefan¬
genschaft loszukommen, protcstirte F^anz insgeheim schon
im Voraus gegen den Inhalt desselben, zögerte sodann
mit Erfüllung des Versprochnen, behauptete, er sey zur
Annahme gezwungen worden, bewies, daß die burgundi-
schcn Stände nicht in Abtretung ihres Landes willigten,
und schloß den 22. Mai 1526 mit der Republik Venedig,
mit Klemens VH., ehemals Kardinal Julius von Medici,
seit dem 19. November 1523 Pabst, und mit Herzog
Sforza, den sein voraussichtlicher Nachfolger Bourbon in
dem festen Kastell von Mailand belagerte, einen Vertrag,
welchen man den heiligen nannte, weil seine Zwecke so
durchaus löblich seyen, und ein Pabst an der Spitze stehe.
Heinrich VUl. wurde ohne Schwierigkeit ins Interesse ge¬
zogen ; denn das Glück des Kaisers machte ihn eifersüch¬
tig , das Schicksal Franzens flößte ihm Besorgniß ein,
und Wolsey war nun zweimal bei der Pabstwahl über¬
gangen worden. Dem Kaiser, dessen Heere zusammenge¬
schmolzen und dessen Kassen erschöpft waren, mußte ein
neuer Krieg unangenehm seyn; er suchte deßwegen den