Full text: [Teil 4, [Schülerbd.]] (Teil 4, [Schülerbd.])

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darstellte. Was ist malerischer, als baumartige Farnkräuter, die ihre 
zartgewebten Blätter über die mexikanischen Lorbeereichen ausbreiten, 
was reizender, als Pisanggebüsche, von hohen Bambusgräsern um¬ 
schattet! Dem Künstler ist es gegeben, die Gruppen zu zergliedern, und 
unter seiner Hand löst sich (wenn ich den Ausdruck wagen darf) das 
große Zauberbild der Natur, gleich den geschriebenen Werken der 
Menschen, in wenige einfache Züge aus! 
Am glühenden Sonnenstrahl des tropischen Himmels gedeihen die 
herrlichsten Gestalten der Pflanzen. Wie im kalten Norden die Baum¬ 
rinde mit dürren Flechten und Laubmoosen bedeckt ist, so beleben dort 
Ehmbidium und dustende Vanille den Stamm der Anakardien und der 
riesenmäßigen Feigenbäume. Das frische Grün der Pothosblätter und 
der Drakontien kontrastiert mit den vielfarbigen Blüten der Orchideen. 
Rankende Bauhinien, Passifloren und gelbblühende Banisterien um¬ 
schlingen den Stamm der Waldbäume. Zarte Blumen entsalten sich aus 
den Wurzeln der Theobroma, wie aus der dichten und rauhen Rinde 
der Kreszentien und der Gustavia. Bei dieser Fülle von Blüten und 
Blättern, bei diesem üppigen Wüchse und der Verwirrung rankender 
Gewächse wird es oft dem Naturforscher schwer, zu erkennen, welchem 
Stamme Blüten und Blätter zugehören. Ein einziger Baum, mit 
Paulinien, Bignonien und Dendrobium geschmückt, bildet eine Gruppe 
bon Pflanzen, welche, voneinander getrennt, einen beträchtlichen Erd¬ 
raum bedecken würden. 
In den Tropen sind die Gewächse saststrohender, von frischerem 
Grün, mit größeren und glänzenderen Blättern geziert, als in den 
nördlicheren Erdstrichen. Gesellschaftlich lebende Pflanzen,, welche die 
europäische Vegetation so einförmig machen, fehlen am Äquator bei¬ 
nahe gänzlich. Bäume, fast zweimal so hoch, als unsere Eichen, prangen 
dort mit Blüten, welche groß und prachtvoll, wie unsere Lilien sind. 
An den schattigen Ufern des Magdalenenflusses in Südamerika wächst 
eine rankende Aristolochia, deren Blume, von über ein Meter Umfang, 
sich die indischen Knaben in ihren Spielen über den Scheitel ziehen. 
Im südindischen Archipel hat die Blüte der Rafflesia 85 Centimeter 
Durchmesser und wiegt 7 Kilogramm. 
Die außerordentliche Höhe, zu welcher sich unter den Wendekreisen 
nicht bloß einzelne Berge, sondern ganze Länder erheben, und die Kälte, 
welche Folge dieser Höhe ist, gewähren dem Tropenbewohner einen 
seltsamen Anblick. Außer den Palmen und Pisanggebüschen umgeben 
ihn auch die Pflanzenformen, welche nur den nordischen Ländern an¬ 
zugehören scheinen. Cypressen, Tannen und Eichen, Berberissträucher 
und Erlen (nahe mit den unsrigen verwandt) bedecken die Gebirgs- 
ebenen im südlichen Mexiko, wie die Andeskette unter dem Äquator. 
So hat die Natur dem Menschen in der heißen Zone verliehen, ohne 
seine Heimat zu verlassen, alle Pflanzengestalten der Erde zu sehen, 
wie das Himmelsgewölbe von Pol zu Pol ihm keine seiner leuchtenden 
Welten verbirgt. 
Diesen und so manchen andern Naturgenuß entbehren die nordischen 
Völker. Viele Gestirne und viele Pflanzenformen, von diesen gerade
	        
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