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Ludwig das Kind 899 — 911.
nicht vor der Enthauptung^). Nachdem 908 Bisch. Rudolf, 910 auch Geb¬
hard gegen die Ungern geblieben waren, erlangte Konrads gleichnamiger Sohn
(s. e) in ganz Franken eine Gewalt, die er selbst als herzogliche bezeichnen
konnte. — c) In Lothringen kann Zwentibolds (§ 97, 4 a. E.) Gewalt
trotz des Königstitels doch nur als die herzogliche gelten. Die unter Regi-
nar gegen ihn verbündeten Edeln erlangten, nachdem jener 900 erschlagen
war, den Sieg und hielten, da sie bei Karl dem Einfältigen nicht was sie
gewünscht gefunden, die Anerkennung aufrecht, welche sie Ludwig sofort nach
dessen Regierungsantritt geleistet hatten. Aus Mistrauen gegen ihre Treue
wollte Hatto auch hier die Konradiner zur Herschast bringen^) und der
junge Konrad hatte auch bereits fast das Land in seine Gewalt gebracht,
als ihn der Tod seiner Oheime nach Franken rief. Auch Gebhard erlangte
nie vollständige Gewalt, und nach seinem 910 erfolgten Tod erreichte Regi-
nar das Herzogtum, suchte aber dafür eine Stütze im Anschluß an West-
franken^). — d) In Schwabe n vertraten nach Eingehn des Sendboten¬
instituts ständige Kammerboten die Rechte des Königs, damals die Brüder
Erchanger und Berchtold. Bnrchard, ein an den Grenzen gegen
Italien mit der Mark Churwalchen (Rhätien) betrauter Graf, strebte indes
nach dem Herzogtum und das Volk fiel ihm zu. Da griffen die Kammerboten,
hierin unterstützt von Hatto's Freund, Bisch. Salomon von Kostnitz, zur
Gewalt. Kurz vor Ludwigs Tod 911 ward Burchard bei einer Versammlung
erschlagen, seine Söhne Burchard und Udalric vertrieben1 4 5). — e) Baiern,
am längsten selbständiges Herzogtum, seit Ludwig d. B. immer als geson¬
dertes Land betrachtet, erhielt schon unter Ärnolf eine Einigung (§ 97, 2)
indem der Führerschaft Liutbolds bald auch die Ostmark unterstellt ward.
Die Ungerngefahr erhob seine Stellung zur herzoglichen, und als er 907 in
der Schlacht siel (n. 5), war deren Bedürfnis so anerkannt, das sein Sohn
Arnolf — wir hören nichts von Wahl und Bestätigung — schon 908 als
'Herzog der Baiern und der angrenzenden Länder' eine 4er königlichen gleiche
Macht übtlO).
4. Roch wärend die Babenbergisch'e Fehde tobte, war über Deutschland
grauses Leiden hereingebrochen. Von den westwärts vom Ural nomadisierenden
finnisch-tatarischen Ugern (Jugern)^) wandelten um 800, ungewis ob
durch Eindringlinge gedrängt oder durch Überzahl gezwungen, siebeil
Stämule, die sich selbst Magyaren nannten, dem Untergang der Sonne zu.
Der Khakhan der Chasaren nahm ihre Dienstbarkeit an und gab ihnen in
1) Das Verfahren war ein ungerechtes; denn was man- i()m schuld gab, daß
seüre Unterwerfung nur Heuchelei sei, muftc doch durch Thatsachen bewiesen werden.
Schuld an diesem Verfahren trägt unbedingt Hatto von Mainz, wenn auch wol nur
Sage ist,.daß er Adalbert durch das Versprechen ihn sicher zurückznbringen aus der
Burg gelockt habe, hierauf unter den: Vorgeben einen Imbiß einnehmen zu wollen
mit ihn: zurückgekehrt lind dann mit der Behauptung das Versprechen gelöst zu
haben hervorgetreten sei. Daß diese Sage lange in Liedern fortlebte, ist ein klarer
Beweis, wie gern das Volk die Entstehung der herzoglichen Gewalt sah nnb daß
trotz seiner Gewaltthätigkeiten Adalbert doch auch gilte Seiteil gehabt haben muß.
Wie hätte er sollst als ein Opfer der Ungerechtigkeit beklagt werden können? Vgl.
übr. Büding. S. 223. Dümml. II 519 — 24. 537 — 41. 564 — 66. — 2) Dümml. II
498 — 504. 515 f. 541 f. — 3) Dümml. II 568 — 70. — 4) Dümml. II 566 f. —
5) Bnd. S. 213. Dümml. U 393. 545 f. 563 f. — 6) Der Name Ugern ist sla¬
wisch nnb lalltet in polnischer Aussprache Ungern, in welcher Fornr er für die
Magyaren allgemeine Verbreitung fanb. Büd. S. 212. Die Chasaren heißen die
weißen, die Magyaren als ihnen dienstbar, die schlvarzeil Ugern. Uber ihren Ur¬
sprung nsw. vgl. jetzt Dümml. 11 437 — 452.